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16. November 2018
Redaktion
Interview

Was macht kreative Räume aus?

Der Farbenhersteller Caparol aus Ober-Ramstadt ist für seine Innovationen bekannt. Er unterhält das FarbDesignStudio, wo kreative Mitarabeiter Trends erarbeiten und Kunden wie Architekten und Maler beraten. Sabine Hoffner ist Maler- und Lackierermeisterin und im Caparol FarbDesignStudio in OberRamstadt tätig. Zusammen mit ihrer Kolleginnen aus dem FarbDesignStudio Dipl.-Designerin Petra Ruhnau, gibt sie Einblicke und erzählen, wie Kreativität dort effektiv gefördert wird.
Was
Foto: Caparol
DAS CA­PAR­OL FARB­DE­SIGN­STU­DIO LÄSST MIT­AR­BEI­TER KREA­TIV UND ER­FOL­G­RE­ICH ZU­SAM­M­E­N­A­RBEI­TEN, IN­DEM EINE PO­SI­TI­VE AT­MO­SPHÄRE VER­MIT­TELT WIRD

Der Begriff „Kreativraum“ ist verschieden zu interpretieren: Ein Raum, der kreativ gestaltet ist? Oder ein Raum, der Kreativität fördert? Oder ein Raum, der sich zurücknimmt und damit Kreativität Raum lässt?

Mappe: Wie wird die Kreativität der Mitarbeiter im FarbDesignStudio gefördert, gibt es Kreativräume etc.?
Petra Ruhnau: Der neu hinzugekommene Erweiterungsbau der Firmenzentrale von Caparol ist ein abteilungsverbindender, neuer großer Kreativraum. Den Mitarbeitern stehen dort verschiedene und deutlich erweiterte Raumangebote zur Verfügung. Helle, funktionale, gestalterisch, klimatisch sowie akustisch angenehme Raumsituationen sorgen dafür, dass die Grundbedürfnisse erfüllt werden und ein Wohlfühlen möglich ist. Die Besprechungsräume sind beispielsweise lichtdurchflutet und in der Cafeteria im 4.OG haben die Mitarbeiter einen tollen Fernblick in die Landschaft. So ist eine gute Umgebung geschaffen für innovative, kreative Ideen. Aber auch außerhalb der Räume des FarbDesignStudio wird darauf geachtet, die Mitarbeiter mit allem zu versorgen, was sie brauchen, um kreativ arbeiten zu können: Fortbildungen sowie Besuche von Messen und Ausstellungen sorgen für den notwendigen neuen Input, der in der täglichen Arbeit zu neuen Gedankenansätzen und Konzeptionen führt. Ein weiterer Ansatz bei der Kreativitätsförderung ist es, durch gemischte Teamzusammenstellungen Kreativköpfe aus unterschiedlichen Bereichen wie Design, Marketing oder Vertrieb zusammen zu bringen.

Mappe: Wie erleben Sie die Kreativität von Malern, die beim FarbDesignStudio um Rat fragen in der Zusammenarbeit?
Ruhnau: Maler wenden sich oft und gerne an uns, um ihren Kunden einen besonderen Service zu bieten. Die Bauvorhaben profitieren von unserer speziellen Erfahrung mit farbiger Architekturgestaltung und unter Umständen auch von unserer anderen Betrachtungsweise. Ideal ist ein gegenseitiger Austausch von Ideen und deren Umsetzungsmöglichkeiten. Das geht natürlich nur, wenn dafür auch ein entsprechendes Zeitfenster gegeben ist – leider sind die Aufträge oft eilig …

Mappe: Wie kann Kreativität im Maleralltag angeregt und gefördert werden?
Petra Ruhnau: Grundsätzlich würde ich sagen, dass es wichtig ist Herausforderungen gemeinsam angehen, denn wenn der Druck auf nur einer Person lastet, erzeugt das Stress und verhindert kreative Lösungen. Daher muss zunächst auch erst einmal Zeit und Raum für Experimentelles geschaffen werden. Eine weitere Möglichkeit ist es, grundsätzlich auch Projekte anzunehmen, für die besondere Kreativität auch gefordert ist. Und natürlich gilt es, das Team zu stärken, wenn Kreativität fließen soll und es an Weiterbildungen zu kreativen Themen teilhaben lassen – beispielsweise gemeinsam Workshops und Fachschulungen besuchen. Das FarbDesignStudio bietet uns über die Caparol-Akademie auch inspirierende Seminare zum Thema Farbgestaltung für Fassade und Innenraum.

Mappe: Kennen Sie Malerbetriebe, der sich besonders vorbildlich um die Kreativität ihrer Mitarbeiter bemühen?
Petra Ruhnau: Regelmäßig besuchen uns Malerfirmen, um sich über neueste Produkte und gestalterische Möglichkeiten zu informieren. Teilweise werden alle Mitarbeiter des Betriebs – im wahrsten Sinne des Wortes – mitgenommen. So eine Maßnahme kann sehr förderlich sein, auch für ein kreatives Miteinander.

Mappe: Was könnte Ihrer Meinung nach bei der Malerausbildung im Hinblick auf die Kreativität verbessert werden?
Sabine Hoffner: Kreativität ist ein weitläufiger Begriff. Ich verstehe Kreativität als ständigen Prozess, der bei jeder Tätigkeit geschult werden kann. Es geht dabei um die Fähigkeit zu gestalten, neue Ideen- oder Lösungsansätze zu finden oder ganz bewusst gewohnte Pfade zu verlassen. Bezogen auf die Malerausbildung muss hier ein Umdenken stattfinden. Malern beginnt nicht auf der Baustelle. Die Dienstleistung beginnt schon viel früher, z. B. wenn dem Kunden zur Auftragssicherung und Abgrenzung vom Mitbewerber digitale Farbkonzepte präsentiert werden. Diese und viele andere kreative Inhalte müssen in die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter miteinfließen und im Team gelebt werden. Das schafft ein positives Miteinander und weckt Begeisterung – wichtigste Voraussetzungen für eine gelebte Kreativität und Spaß am Beruf.

Mappe: Denken Sie, die „Kreativität“ des Malerhandwerks könnte eine wichtige Rolle im Hinblick auf den Azubi- und Fachkräftemangel spielen?
Hoffner: Azubi- und Fachkräftemangel im Handwerk sind mehreren Faktoren geschuldet, wie z. B. der (leider) geringen Wertschätzung einer berufspraktischen Ausbildung oder dem Drang zum Studieren etc.. Das Berufsbild des Malers könnte insbesondere für kreative Menschen deutlich attraktiver werden, wenn der Fokus der Ausbildung – neben handwerklichen Fertigkeiten – diesen schöpferischen Part verstärkt bedienen würde. Gerade die Kombination von Handwerk und Kreativität ist es, die ein erfolgreiches Arbeiten gewährleistet. Denn gestalterische Kompetenz und klassisches ‚Malerhandwerk‘ sind im Grunde genommen zwei untrennbare, sehr zukunftsträchtige Komponenten. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass handwerkliche Techniken werden wieder verstärkt nachgefragt werden, „Handmade“ ist ein gefragter Trend und damit eine Chance für das Malerhandwerk

Mappe: Inwiefern beeinflussen die Farben in der Raumgestaltung die kognitiven Leistungen von Mitarbeitern?
Ruhnau: Farben im Raum können uns sowohl beruhigen als auch anregen, das ist wissenschaftlich belegt. Daher ist bei der Farbgestaltung immer auf die Funktion des Raumes zu achten. Es wird den meisten Menschen schwer fallen, sich in einem engen Raum zu konzentrieren, der unruhig und in „lauten“ Farben gestrichen ist. Ein Thema, mit dem wir uns intensiv befasst haben, ist beispielsweise die Möglichkeit, mit der Farbgestaltung eines Raums altersbedingte Einschränkungen positiv zu beeinflussen. Farbe kann nicht nur die Orientierung erleichtern, den Wohlfühlfaktor steigern und Anregung bieten, sondern dadurch auch Alltagskompetenzen länger erhalten.

Mappe: Wie können sich Malerbetriebe auf das Geschäftsfeld der Gestaltung von Kreativräumen spezialisieren?
Ruhnau: Die Bedürfnisse und Anforderungen an diese Räume kennen und das Knowhow auch nach draußen kommunizieren – möglichst mit Beispielen bereits realisierter Objekte.

Mappe: Kennen Sie einen Malerbetrieb, der sich auf die Gestaltung von Kreativräumen spezialisiert hat?
Hoffner: Es gibt Malerbetriebe, die das Potential anspruchsvoller und höchst ästhetischer Oberflächen kennen und ausführen. Diese Teams machen i.d.R. auch die gestalterische Gesamtkonzeption dieser Innenräume. Denn die Herausforderung ist es, eine durchweg stimmige, auf das Objekt individuell zugeschnittene Design-Lösung zu entwickeln. Oft geht es dabei nicht nur um einen Raum sondern um eine ganze Etage oder gar um ein mehrstöckiges Gebäude. Wir im FarbDesignStudio kreieren Räume im Rahmen unseres Trendprojekts, welches alljährlich neu inszeniert wird. Die FarbDesignStudio-Werkstatt ist ein Forum für unsere Produkte und Oberflächen und soll als Inspiration für Verarbeiter und Endkunden dienen. Dabei entwickeln wir Farbkonzepte für verschiedenste Innenräume, z. B. Büros, Schulen, Kitas etc. Ziel ist es immer individuelle Lösungen zu schaffen, die der Funktion, den Nutzern und der Architektur gerecht werden. So entstehen auch „Kreativräume“, die wir aber nicht unbedingt so nennen. Beispielsweise haben „Kreativräume“ realisiert, die mehrere Sinne ansprechen – z. B. eine „farbige Oase“ als Meetingpoint innerhalb eines Bürokomplexes oder einen Empfangsbereich mit blumig-duftiger Farbanmutung. Das Sehen weckt Assoziationen und beflügelt unsere Gedankenwelt. Gleichzeitig soll auch der Tastsinn durch strukturierte Oberflächen angeregt werden. Ziel sollte sein, stimmige Atmosphären zu schaffen, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Mappe: Welche Basics gibt es bei der Gestaltung von Kreativräumen zu beachten, welche Farben oder Einrichtungsgegenstände fördern die Kreativitätsleistung?
Ruhnau: Eine Antwort auf diese Frage ist schwierig. Hier verweisen wir gerne auf den Maler und Farbexperten Josef Albers, der sich intensiv mit Farbwirkungen auseinandergesetzt hat. Wir können mit unserer Erfahrung folgendes Zitat von ihm nur bekräftigen: „Das Farberleben und die Reaktion des Menschen auf Farbe sind ebenso vielschichtig wie der Mensch selbst.“ Trotzdem treffen viele Aspekte, wie ein Kreativraum geschaffen werden sollte, auf viele Menschen zu:

  1. Der Raum sollte großzügig geschnitten sein, nicht zu eng – das kann sonst tatsächlich auch geistig einengen.
  2. Der Raum sollte hell sein, gut belüftet und klimatisch angenehm. Der Mensch muss sich gut fühlen, sonst kann die Kreativität nur schwer fließen.
  3. Natürliche Materialien und Oberflächen wirken angenehm und können sich positiv auf unser Wohlbefinden auswirken.
  4. Farblich sollten wir uns nicht dominiert fühlen, sehr starke Farbreize sind weniger geeignet.

Mappe: Wie nutzt Caparol die Kreativität seiner Kunden für eigene Innovationen?
Ruhnau: Wir freuen uns über jedes Feedback von Kunden und kooperierenden Betrieben. Häufig befragen wir gezielt unsere Kunden, wenn wir neue Produkte entwickeln und lassen so die gesammelte Erfahrung von Malerbetrieben und Architekten miteinfließen. Die Wünsche und Vorstellungen von Kunden haben bereits zu neuen, kreativen Techniken geführt, z. B. die Metallocryl-Beschichtung in Gold und Silber wurde speziell für die Allianz-Arena in München entwickelt, weil der Kunde sich einen Metalleffekt als Dispersionsfarbe gewünscht hatte.
Hoffner: Caparol steht in ständigem Austausch mit Handwerkern, Architekten, Planern und Vertretern der Wohnungswirtschaft. Anforderungen an die Fassade der Zukunft werden analysiert, Trends und Strömungen bzw. Innovationen in Sachen Fassade und Innenraum werden beobachtet, um mit neuen kreativen Ideen Antworten auf diese zukünftigen Bedürfnisse zu haben.

Vielen Dank, dass Sie uns an Ihrer Kreativ-Praxis teilhaben lassen!
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Foto: manuta/Adobe Stock
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