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20. Oktober 2022
Redaktion
Rohstoffengpass

Baustoffbranche warnt vor neuen Lieferengpässen

Der Baustoff-Fachhandel befürchtet eine „Material-Gap“: Die Versorgung der Baustellen mit Material könnte erneut ins Stocken geraten. Grund dafür sind die explodierenden Energiepreise.
Ziegel
Foto: jollier_/Adobe Stock
Der Baustoff-Fachhandel befürchtet neue Lieferengpässe.

Der Baustoff-Fachhandel hat einen „Energie-Notruf“ gestartet: In einem Brandbrief übt die Baustoffbranche massive Kritik an der Energiepolitik der Bundesregierung. Ihren Protest richtet sie dabei direkt an Bundeskanzler Olaf Scholz und an das gesamte Bundeskabinett. Der Bund müsse in der Energiepolitik „das Ruder herumreißen“. Adressaten dieser Forderung sind auch der Bundestag sowie Parteispitzen von Koalition und Opposition.

In ihrem Protestschreiben warnt die Präsidentin des Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel, Katharina Metzger, vor spürbaren Materialengpässen durch Produktionsdrosselungen. „Um einen kompletten Rohbau lahmzulegen, reicht es schon, wenn ein Baustoff fehlt, weil er nicht mehr produziert werden kann. Das fängt schon bei der Dämmung für die Bodenplatte an. Durch kleine Ausfälle kann so der ganze Baufortschritt stoppen. Bauprojekte liegen dann reihenweise brach. Da funktioniert der Bau anders als andere Branchen. Auf dem Spiel stehen dabei dann vor allem aber auch Zehntausende von Arbeitsplätzen. Gehen die aber erst einmal verloren, wird der Bau langfristig nicht mehr auf die Beine kommen – mit allen Konsequenzen für die Neubauziele der Bundesregierung im Wohnungsbau.“

Unternehmen der Baustoffherstellung und des Baustoffhandels drohten schon sehr bald durch die „mangelhafte energiepolitische Krisenbewältigung der Bundesregierung in existentielle Bedrängnis zu geraten“.

Verfügbare Energiequellen nutzen und Energiepreise deckeln

Konkret fordert der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel alle verfügbaren Energiequellen zu nutzen – auch Kohle und Atomkraft. Darüber hinaus sprach sich Metzger für eine Deckelung der Energiepreise aus: „Eine Preis-Obergrenze für Energie muss her, wie es sie in anderen Ländern schon gibt. Der Höchstpreis für Öl, Gas und Strom darf maximal 30 Prozent über den Kosten liegen, die im Februar – also vor Beginn des russischen Einmarsches in die Ukraine – aufgerufen wurden“, sagt Katharina Metzger. Die Forderung der Länder-Energieminister an die Bundesregierung, zügig die steigenden Kosten für Strom, Gas und Wärme zu deckeln, sei ein positives Signal, an das die Branche Erwartungen knüpfe.

Der Staat müsse deutliche Abstriche machen – insbesondere auch dort, wo er auf dem Energiemarkt „kräftig mitverdient“: „Alle gesetzlichen Abgaben und Umlagen müssen bei allen Energieformen drastisch reduziert werden – konsequent“, fordert die BDB-Präsidentin. Gerade das „gewaltige Umlagenpaket“ beim Strom (KWK-Umlage, Offshore-Netzumlage, Umlage nach § 19 StromNEV, Umlage für abschaltbare Lasten) sei „auf Null zu setzen“. Darüber hinaus müssten die Steuer-Schrauben für Energie kräftig zurückgedreht werden. Die Reduzierung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent beim Gas bis März 2024 ist für Metzger ein „erster effektiver Schritt“, der Entlastung bringe.

Reinen Wein einschenken

Es sei zudem an der Zeit, die Menschen „ehrlich über die Machbarkeit der Energiewende“ zu informieren. „Es muss Schluss damit sein, Energiewende-Ziele am grünen Tisch zu entwerfen – ohne darauf zu achten, was von den Ressourcen, Kapazitäten und finanziell überhaupt machbar ist. Es geht zum Beispiel ganz konkret darum, wie viele Solarpanels und Wärmepumpen in welcher Zeit produziert und geliefert werden können. Dann geht es darum, wie viel Manpower in Handwerksbetrieben überhaupt da ist, um sie zu installieren. Und natürlich, wie viel die Produktion von regenerativer und erneuerbarer Energie am Ende kostet“, sagt Katharina Metzger. Die Menschen hätten es verdient, „reinen (‚Öko‘-)Wein eingeschenkt zu bekommen“.

Bei der Energiepolitik der Bundesregierung gehe es auch um den Erhalt von Arbeitsplätzen – und damit um den Zusammenhalt in der Gesellschaft. „Energiepolitik ist damit auch Sozialpolitik – mit erheblicher Relevanz fürs gesellschaftliche Klima. Es entsteht kein Vertrauen bei den Menschen, wenn sich Experten unmittelbar nach Regierungsbeschlüssen genötigt sehen, politische Entscheidungen zu kritisieren und deren Korrektur verlangen. Es ist in der Entscheidungsphase wichtig, Experten zu hören – und nicht an Parteitagsbeschlüssen zu kleben“, sagt Metzger. Dringend notwendig sei die Korrektur getroffener Maßnahmen sowie ein „Energie-Notfallpaket“ für die Wirtschaft.

Foto: manuta/Adobe Stock
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