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5. November 2022
Redaktion
Nachhaltigkeit

Estrich – Zukunftsbaustoff mit vielen Facetten

Nach drei Jahren coronabedingter Pause freuten sich rund 150 Estrichleger, Planer, Sachverständige und Vertreter der Industrie über den persönlichen Austausch beim 7. FLIESSESTRICHFORUM in Fulda.
Estrich
Foto: VDPM
Volles Haus: Rund 150 Gäste nahmen am 7. FLIESSESTRICHFORUM 2022 in Fulda teil.

Als Veranstalter fungierten am 18.10.2022 wieder der Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM), der Bundesverband Estrich und Belag (BEB) sowie das Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF).

Im Rahmen seiner Begrüßung verwies Dr. Markus Pfeuffer, stellvertretender Vorsitzender des VDPM, auf die grüne Merkblattreihe, die im Oktober 2022 aktualisiert veröffentlicht wurde (erhältlich auf www.vdpm.info). Diese beinhaltet bereits die einheitliche Sprachregelung zur Belegreife von Calciumsulfatestrichen, die in Zusammenarbeit mit der Initiative Praxisgerechte Regelwerke im Fußbodenbau (PRiF) erst im September 2022 besiegelt wurde.

BEB-Vorstandsmitglied Daniel Rendler stellte die Initiative und die neuen Belegreife-Werte vor: Bei PRiF handelt es sich um eine Initiative der Bundesfachgruppe Estrich und Belag im ZDB, die bereits 15 Verbände und Organisationen vereint. Es hat eine neue, gemeinsame Regelung der Belegreife von Calciumsulfatestrichen gegeben: Bei der Feststellung der Belegreife gilt grundsätzlich die Querschnittsmessung. Bei den Calciumsulfatestrichen hat man sich bei unbeheizten Konstruktionen auf ≤ 0,5 CM-%, bei beheizten Konstruktionen auf ≤ 0,5 CM-% / 0,3 CM-% verständigt. In einer zusätzlichen Anmerkung wird auf DIN 18560 in der Ausgabe von 2015 verwiesen. Sie legt den Feuchtegehalt von Calciumsulfatestrichen mit 0,5 CM-% neu fest. Damit ist der Feuchtegehalt von beheizten Calciumsulfatestrichen von bisher 0,3 CM-% angehoben worden. Andere Normen, Literaturquellen und Verbände geben nach wie vor eine Belegreife von 0,3 CM-% an.

Desweiteren reichte das Spektrum von aktuellen Rohstoff-Herausforderungen bei Sand und Gips bis zu hin zu Praxis-, Zukunfts- und Forschungsthemen, die häufig im Zusammenhang mit Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit oder Digitalisierung stehen.

Estriche im Jahr 2050

Emanuel Schreiber, Leiter Technischer Dienst bei Ardex, fragte: „Wie müssen Estriche im Jahr 2050 aussehen?“ Wesentliche Einflussfaktoren seien Umweltschutz, Kreislaufwirtschaft, Digitalisierung und Effizienz. Nachholbedarf sah er bei Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Seit Jahren werde an der Reduktion des Zementanteils in Bauteilen und nach alternativen Bindemitteln geforscht. Bei den Estrichbindemitteln etwa gebe es neue Ansätze für Pilzfäden als Baustoff der Zukunft.

Rohstoffe im Blick – Sand und Gips

Dr. Thomas Müller, Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung von Betonzusatzmitteln bei Sika Deutschland, erläuterte, dass es in Deutschland zwar prinzipiell große Sandvorkommen gibt. Durch die aktuelle Nutzung der Flächen fehle aber vielfach der Zugang. Bei alternativen Quellen bestehen zusätzliche Herausforderungen darin, z. B. verunreinigte Sande aufzubereiten. Als künftige Wege benannte Dr. Müller eine Sandeinsparung am Bau sowie eine Intensivierung der Kreislaufwirtschaft auch bei diesem Baustoff.

Christopher Dürr, Leiter Politik bei Knauf, berichtete über die Gips-Rohstoffsicherung. Durch den politisch gewollten Ausstieg aus Kohlekraftwerken wird es voraussichtlich im Jahr 2030 (aber spätestens 2038) keinen REA-Gips mehr geben. Das Recycling von Gips kann die erforderlichen Mengen nicht kompensieren und nur einen geringeren Beitrag zur Rohstoffversorgung leisten, so Dürr. Die Industrie intensiviere daher den Abbau von Naturgips, der grundsätzlich in Deutschland ausreichend vorhanden, aber nicht immer zugänglich sei.

Fließestrich-Recycling

An der Bauhaus-Universität Weimar beschäftigt sich Andreas Hecker mit dem Recycling von Calciumsulfat-Fließestrichen. Er hat festgestellt, dass der zu recycelnde Gips sehr gut an der Körnung haftet. Ganz entscheidend bei der Forschung sei die Frage: „Bringen die Bindemittel später ausreichende Festigkeiten?“ Mit Hilfe von Ultraschall untersuchte Andreas Hecker die Erhärtung des Recycling-Fließestrichs, der ausreichend Biegezug- und Druckfestigkeit aufweisen muss. Seine Forschungsprojekte laufen derzeit noch.

Estrich und Fußbodenheizung

Der Fußbodenheizungsspezialist Wilfried Lammering (Herotec) warb bei den Estrichlegern dafür, mit einer neuen Gewerkeverteilung Hemmnisse abzubauen: „Der beheizte Fußboden gehört in eine Hand.“ Er sprach sich für eine Kompetenzbündelung im Handwerk aus. Seitens der Industrie gebe es bereits erfolgreiche Komplettsysteme aus Fußbodenheizung und Fließestrich am Markt.

Alexander Henksmeier vom Betoningenieurbüro Henksmeier zeigte Schäden an WU-Bodenplatten („Weiße Wanne“), die häufig erst nach Jahren auftreten. Fakt sei: Die Abdichtung auf WU-Bodenplatten sei nicht klar geregelt. Bei einer fachgerechten Verarbeitung erfüllten WU-Bodenplatten selbst die Abdichtung. Die Erfahrung zeige, dass Wasserdampfdiffusion und die besonders im frühen Stadium nicht erreichte Ausgleichsfeuchte bei diffusionsdichten Folgeaufbauten zu Problemen führen können. An dieser Grauzone müsse gearbeitet werden, um den Beteiligten mehr Sicherheit zu geben.

Fachwissen zu Restschwinden und Grundierungen

Mit dem Einfluss des Restschwindens auf die Belegreife von Estrichen beschäftigte sich Andres Seifert, Leiter Anwendungstechnik Bodensysteme bei Knauf Gips. Er stellte im Vergleich zwischen Zementestrich und Calciumsulfat-Fließestrich folgende Eigenschaften fest: Die abgebbare Wassermenge nach der Belegreife bei Zementestrichen ist deutlich höher als bei Calciumsulfat-Fließestrichen. Das Schwinden nach der Belegreife aufgrund der Trocknung sei bei Zementestrichen deutlich höher als bei Calciumsulfat-Fließestrichen. So habe auch der Fliesenleger Vorbehalte bei der KRL-Methode, weil die starren keramischen Beläge ein Problem mit dem Restschwinden, aber nicht mit der Restfeuchtigkeit hätten. Dies sei ein erheblicher Nachteil dieser neuen Messmethode.

Marcus Winkler, Leiter Anwendungstechnik für keramische Fliesen bei Mapei, informierte über die Wirkungsweise von Grundierungen auf Calciumsulfatestrichen. Diese zeigen in Abhängigkeit ihrer Bindemittel unterschiedliche Eigenschaftsprofile mit entsprechenden Auswirkungen auf die Oberflächenbeschaffenheit und die Wirkweise von Grundierungen. Im Fall von Acrylat- und Copolymergrundierungen wirkt sich das jeweilige Bindemittel auf das Funktionieren der Grundierung aus. Epoxidharzgrundierungen zeigen hingegen unabhängig von der Bindemittelbasis den höchsten Wirkungsgrad.

Foto: manuta/Adobe Stock
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