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14. Juni 2022
Redaktion
Nachhaltigkeit bei Mieterwechsel

Innenausbau für Gebäude mieten statt entsorgen

Nach einem Mieterwechsel wird der Innenausbau in gewerblich genutzten Gebäuden oftmals entsorgt. Ein Forschungsprojekt der FH Münster will mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell ein Umdenken in der Branche einleiten.
Forschungsprojekt
Foto: FH Münster/Michelle Liedtke
Jana Winkelkötter (l.), Dirk Klöpper (m.) und Prof. Dr. Sabine Flamme (r.) von der FH Münster.

Mietvertragslaufzeiten von gewerblich genutzten Gebäuden werden immer kürzer – in 95 Prozent der Fälle dauern diese nicht einmal zehn Jahre. Meist ist der Wechsel mit einem Umbau verbunden. „Die im Innenausbau verbauten Baustoffe wie Bodenkonstruktionen kommen so nie an ihr Lebensende, denn sie werden meist beim Umbau entsorgt. Recycelt wird davon noch sehr wenig“, erklärt Prof. Dr. Sabine Flamme vom IWARU Institut für Infrastruktur – Wasser – Ressourcen – Umwelt der FH Münster.

Gemeinsam mit Dirk Klöpper und Jana Winkelkötter, beide wissenschaftliche Mitarbeiter*innen am IWARU, und weiteren Partnern hat Flamme als Projektleiterin des Forschungsvorhabens „RessProKA“ ein neues Geschäftsmodell entwickelt. Die Idee: Um den Produktkreislauf ressourceneffizient zu schließen, werden Baumodule wie Decken und Böden vom Hersteller vermietet und in ein Rücknahmesystem eingebunden. Dabei hat das Team eng mit den Projektpartnern Lindner Group KG, einem Hersteller von Innenausbausystemen, und dem Forschungs- und Beratungsinstitut BIFAS zusammengearbeitet.

Im Rahmen des Projekts haben die Forschungs- und Projektpartner ökonomische, rechtliche, technische sowie ökologische Lösungen für ein Mietmodell von Baumodulen entwickelt. Flamme erklärt den Ansatz: „Wenn neue Mieterinnen und Mieter in einen Bürokomplex einziehen möchten, verbleiben die universell einsetzbaren Baumodule idealerweise direkt im Gebäude.“ Sie werden lediglich neu angeordnet nach den Vorstellungen der Architekt*innen, Gebäudebetreiber*innen und Co. Das sei die nachhaltigste Variante. Denn es müsse keine Energie für den Transport oder das Recycling, schon gar nicht für die Entsorgung und Herstellung neuer Bauteile aufgebracht werden. Alternativ nimmt der Hersteller die Baumodule zurück, prüft diese, bereitet sie gegebenenfalls auf und baut sie in anderen Gebäuden wieder ein. „Auch das spart Rohstoffe, ein wichtiger Aspekt im Hinblick auf fortschreitende Rohstoffknappheit“, erklärt die Professorin.

„Graue Energie“ trifft den Nerv der Zeit

Das Team konzipierte das Geschäftsmodell zunächst am Beispiel des NORTEC-Doppelbodens des Praxispartners Lindner, einer Bodenplatte aus Gipsfaser. Ein solches Baumodul könne eine Lebensdauer von deutlich mehr als 50 Jahren haben – wenn es denn so lange in Gebrauch bleibt. Durch die Wiederverwendung wird in jedem Fall eine längere Lebensdauer der Platten erreicht. „Bei unserem Modell bleiben die Bauteile in der Verantwortung des Herstellers, das ist im Baubereich ein Alleinstellungsmerkmal“, sagt Flamme. „Die Baumodule für Böden, Decken und Wände sind dafür designt, um mehrmals verbaut zu werden. Sie müssen eine hohe Qualität haben und sich einfach ein- und abbauen lassen.“

In einem Planspiel mit potenziellen Kund*innen zeigte sich, dass das Modell einen Nerv getroffen hat. „In simulierten Verkaufsgesprächen haben wir unser Konzept vorgestellt“, sagt Klöpper. „Über die Reaktionen waren wir sehr positiv überrascht, da wir mit mehr Widerstand gerechnet haben. Tatsächlich hatten wir das Gefühl, mit dem Modell eine Lücke zu schließen.“ Der Aspekt graue Energie – die vom Rohstoffabbau über den Transport bis zum Einbau im Produkt steckt – sei derzeit ein wichtiges Thema in der Baubranche. „Eine wiederverwendete Platte unterscheidet sich in der Qualität nicht von einem Neuprodukt, die CO2-Bilanz ist allerdings deutlich besser“, sagt Winkelkötter, die im Team für die ökologische Bewertung zuständig ist. www.fh-muenster.de

Innendämmung – Viel besser als ihr Ruf
Kunden sind verunsichert, was Dämmung angeht, vor allem bei der Außendämmung, aber auch bei der Innendämmung. Nachteile und Probleme, in den Medien kommuniziert, lassen Fragen offen. Ganz oben steht die Angst vor SchIMMelpilzbildung. Wir haben die gängigsten Thesen und Argumente zusammengestellt und durch Innendämmexperte Heiko Riggert beleuchten lassen. [tttgallery id="1345"] Oberste Priorität hat die Außendämmung, innen sollte nur gedämmt werden, wenn es außen nicht geht. Dieses Argument drückte der Innendämmung lange den Stempel der zweiten Wahl auf – bestenfalls für die Kellerdämmung geeignet. In dem Maß wie die Außendämmung durch Wärmedämm-Verbundsysteme in die Kritik geriet, verlagert sich der Fokus: Die Innendämmung wird IMMer mehr zur echten Alternative. Nicht nur, weil ca. 40 Prozent der Gebäudesubstanz aus unterschiedlichen Gründen nur auf der Innenseite gedämmt werden können. Auch um die klimapolitischen Ziele zu erreichen und Altbauten weiterhin zu nutzen, braucht es die Innendämmung. [tttgallery id="1346"] Heiko Riggert, Leiter des Arbeitskreises Innendämmsysteme im Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel e.V. VDPM in Berlin argumentiert, dass es seit nunmehr 20 Jahren nachgewiesen funktionale Systemlösungen bei der Innendämmung gibt. Er weiß: »Die Bauweise hat sich als ein fester Bestandteil der energetischen Sanierung im Altbau etabliert, wird als SchIMMelsanierung und -prävention eingesetzt und ist in der Fachwelt anerkannt.« Auf www.mappe.de setzt sich Heiko Riggert mit gängigen Vorurteilen auseinander. Innendämmung im Verruf Innendämmung war lange in Verruf, weil es hieß, dass die feuchte und warme Innenraumluft hinter der Innendämmung kondensiere und zu SchIMMel sowie weiteren Schäden führe. »Einen empirischen Beweis für solche Feuchteschäden hat es nie gegeben. Vielmehr wurden die geschichtlich positiven Erfahrungen der Innendämmung in der Fachwelt nie zur Kenntnis genommen«, wird Bauphysiker und Energieexperte Werner Eicke-Hennig von der Hessischen Energiesparaktion auf der Plattform www.energieverbraucher.de zitiert. Außerdem gäbe es zahlreiche empirische Untersuchungen, die mitnichten feuchte Wände hinter der Innendämmung vorgefunden hatten. Einen empirischen Beweis für solche Feuchteschäden hat es nie gegeben. Am schlechten Image der Innendämmung sind auch unzureichende Berechnungen schuld. Lange Zeit war nur das so genannte Glaserverfahren bekannt. Es fand 1981 sogar Eingang in die einschlägige Norm DIN 4108-3. »Dieser vereinfachte Ansatz liefert bei der Bewertung von Innendämmungen keine positiven Ergebnisse. Daher wurde die Innendämmung in der Vergangenheit als nicht funktionstüchtig angesehen. Erst mit den neuen wissenschaftlichen Computertechnologien war es möglich, das hygrothermische Verhalten bauphysikalisch richtig zu beschreiben«, ist in der Broschüre »Die intelligente Alternative – Innendämmung von Sto« zu lesen. Neue Rechenverfahren brachten ein Umdenken Weiter heißt es auf der Plattform www.energieverbraucher.de, dass man in Veröffentlichungen auf Probleme durch mögliche Fehlstellen in der Dampfsperre verwiesen habe, ohne zu beachten, dass durch kleine Löcher kaum Wasserdampf diffundiere. »Selbst dampfdichte Bleche mit 200 Löchern pro Quadratmeter haben noch einen Wert über 300. Es gibt auch keine Luftströmung durch Fehlstellen, wenn die Dämmung direkt auf der Wand sitzt«, argumentieren die Autoren. Seither gibt es eine Renaissance der Innendämmung »Der kleine Markt für die Innendämmung brach in Folge dieser Verwirrungen in den achtziger Jahren zusammen«, wird Werner Eicke-Hennig zitiert. Die großen Hersteller zogen ihre Innendämmsysteme sogar vom Markt. Erst als im Jahr 2011 nach dem ersten internationalen Innendämmkongress in Dresden das neue Rechenverfahren (WUFI/Delphin) eingeführt wurde und mehr diffusionsoffene Materialien verfügbar waren, gab es ein Umdenken der Branche. »Seither gibt es eine Renaissance der Innendämmung«, schreiben die Autoren von www.energieverbraucher.de. Die neue und positive Bewertung der Innendämmung habe sich aber noch nicht überall herumgesprochen, bedauern sie: »Das baumystisch begründete Unbehagen sitzt tief, weil es über Jahrzehnte zum Standardwissen aller Experten gehörte.« Die Wahrheit über Innendämmung: Fünf Thesen und ihre Überprüfung Die gängigsten Thesen, verifiziert von Heiko Riggert, Leiter des Arbeitskreises Innendämmsysteme im Verband für Dämmsysteme, Putz und Mörtel e.V. VDPM in Berlin. Die Auflistung lässt sich gut für eine Argumentation im Kundengespräch verwenden. These 1: Als Folge der Innendämmung kommt es häufig zu SchIMMelbildung. Das Gegenteil ist der Fall! Innendämmsysteme werden häu g gerade zur SchIMMelpilzprophylaxe bzw. -sanierung angewendet, weil kalte Innenober ächen mit Tauwasserausfall vermieden werden. Feuchtigkeit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Schim- melbildung in Innenräumen. These 2: Man weiß nie genau, ob es nicht hinter der Innendämmung zu schIMMeln beginnt. Ein Hinterströmen der Dämmung mit feucht-warmer Raumluft muss, abhängig vom Innendämmsystem, durch eine voll ächige Verklebung der Dämmplatten oder ein luftdichtes abkleben vermieden werden. Dann kann es nicht zu einer verdeckten SchIMMelbil- dung kommen. Bauteilöffnungen älterer Systeme belegen die positiven Erfahrungen und Eigenschaften von innen gedämmter Wandaufbauten. These 3: Es muss bei jeder Innendämmung eine aufwändige hygrothermische Berechnung gemacht werden, die sehr teuer ist. Bei geringeren Dämmstoffdicken und je nach Art des Systems und Anwendungssituation ist eine hygrothermische Simulation nicht zwingend erforderlich. Bei größeren Dämmstoffdicken oder sensiblen Anschlussdetails bietet die Simulation Planungs- und damit Anwendungssicherheit. These 4: Innendämmungen können nur von speziell geschulten Fachleuten eingebaut werden, denn das Verfahren stellt sehr hohe Ansprüche an die fachliche Planung und die Präzision bei der Ausführung. Das macht die Innendämmung teuer. Tatsächlich sollten Innendämmungen von geschulten Planern und Fachhandwerkern durchgeführt werden. Sie kennen die sensiblen Punkte und werden »typische« Anwendungsfehler vermeiden. Ansonsten kann billig schnell teuer werden. Aber sollten nicht alle Dämmarbeiten von geschultem Fachpersonal ausgeführt werden, um die Qualität und die dauerhafte Funktion zu gewährleisten? These 5: Die Wohnfläche wird verkleinert. Grundsätzlich ist das richtig, weil die Dämmung auf der Innenseite einer Außenwand angebracht wird. Allerdings werden bei Innendämmsystemen eher geringere Dämmstoffdicken eingesetzt und die Maßnahme betrifft nur die Außenwände. Insofern relativiert sich der Flächenbedarf stark. Bei einem EckzIMMer von 5,0 x 5,0 Metern sind dies bei einer Dämmdicke von 5 Zentimetern mit 0,5 Quadrat- metern gerade einmal zwei Prozent der Nutz äche. Der Zugewinn an Behaglichkeit rechtfertigt das allemal. Formen der Innendämmung Grundsätzlich unterscheidet man zwischen diffusionsoffenen und diffusionsgebremsten oder diffusionsdichten Systemen. Das bedeutet, dass die Systeme der Innenraumdämmung unterschiedlich mit der unerwünschten Feuchtigkeit umgehen. Kapillaraktive, diffusionsoffene Systeme erlauben im Winter einen Dampfdiffusionsstrom in die kühlere Wand hinein. In den feinen Poren des Dämmstoffs wie etwa Mineraldämmplatten wird die anfallende Feuchte aufgenommen und kapillar an die rauminnere Oberfläche der Außenwand zurücktransportiert. So wird die relative Luftfeuchtigkeit im Innenraum reguliert. Die Wand bleibt diffusionsoffen und kann so Feuchtespitzen aus der Raumluft puffern. Das Feuchteniveau in der Wand bleibt unkritisch. Diffusionsdichte Systeme hingegen verhindern grundsätzlich das Eindringen von Feuchtigkeit von der Raumseite in den Dämmstoff mit Hilfe geeigneter Materialien und Konstruktionen. Das sind Schichten aus einem diffusionsdichten Dämmstoff oder können Dampfbremsfolien sein, die raumseitig zur Dämmebene aufgebracht werden. Diffusionsgebremste Systeme weisen einen ähnlichen Aufbau auf. Der Diffusionswiderstand ist im Vergleich geringer und lässt einen Ausgleich zwischen unkritischen Feuchteeinträgen bei kühlen Außentemperaturen und Verdunstungen bei höheren Außentemperaturen zu. Vorteile im Vergleich: Innen- vs. Außendämmung Vorteile einer Innendämmung: Die Innendämmung kann IMMer eingesetzt werden. Die Innendämmung ist ideal für Fachwerk- oder denkmalgeschützte Fassaden, da das äußere Erscheinungsbild unberührt bleibt. Es ist kein Gerüst erforderlich, was die Kosten minimiert. Vorteile einer Außendämmung: Durch eine Außendämmung geht kein kostbarer Wohnraum verloren. Das Hausinnere bleibt von der Sanierung verschont und somit bewohnbar. In Kombination mit einer Fassadensanierung spart man doppelte Kosten zum Beispiel für das Baugerüst. Die Außendämmung der Fassade vermeidet Wärmebrücken, die bei einer Innendämmung entstehen können. Die Richtlinie beachten Es gibt viele gute Argumente für die Innendämmung und sie ist absolut sicher, besonders dann, wenn Planer und Ausführende sich an die überarbeitete »Technische Richtlinie für Innendämm-Systeme (IDS)« halten. Dort nIMMt der Abschnitt »Planung eines IDS« fast zwanzig Seiten ein. Dieses Kapitel bildet den inhaltlichen Kern der neuen Technischen Richtlinie. Hier werden die Grundlagen und Voraussetzungen für eine fachgerechte Ausführung einer Innendämmung aufgezeigt, die dann auch die Ziele Energieeinsparung, SchIMMelprävention und Behaglichkeitszuwachs für die Bewohner erreicht. »Die Technische Richtlinie 2.0 bietet fundiertes Fachwissen für anwendungssichere Systemlösungen bei der Innendämmung und stellt damit auch die Basis dar für das ›Qualitätssiegel IDSysteme‹. Dieses Siegel erhalten ausschließlich Systemanbieter, die sich an die Vorgaben der Richtlinie halten und in der Lage sind, Planern und Fachhandwerkern entsprechende Unterlagen und individuelle Unterstützung zukommen zu lassen«, erläutert Heiko Riggert. Weitere Informationen unter www.vdpm.info/innendaemmsysteme   Marktentwicklungen, Know-how für Fachverarbeiter und aktuelle Branchennews gibt es im wöchentlichen Newsletter der Mappe-Redaktion: www.mappe.de/newsletter
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Foto: manuta/Adobe Stock
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