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Foto: Sto-Stiftung

Unter den kundigen Augen der Betreuer legten die jungen Handwerker unter anderem Bibeltexte in Kaseinmalereien an der Empore der Kirche frei. Foto: Sto-Stiftung

Mitte August machten sich Johannes, Séline, Henrik und 17 weitere Lehrlinge auf den Weg ins rumänische Siebenbürgen. Ziel war eine mittelalterliche Kirchenburg, die heutige evangelische Kirche sowie das zugehörige Pfarrhaus mit Wehrturm in Martinsdorf (Metiş). Das Objekt wird seit 2013 von der Bau- sowie der Maler- und Lackierer-Innung München in Zusammenarbeit mit der Handwerksschule Martinsdorf/Siebenbürgen e.V. Stück für Stück instandgesetzt. Jährlich arbeiten etwa 60 Auszubildende, Gesellen und Techniker Gewerke übergreifend drei Wochen lang im Mai und Oktober an Kirche und Pfarrhaus.

Gefördert wird das Projekt von der Sto-Stiftung. „Ich war vor zwei Jahren schon einmal hier und sofort begeistert“, sagt Gregor Botzet, Stiftungsrat Handwerk der Sto-Stiftung und Fachlehrer der Ferdinand-Braun-Schule in Fulda. „Mir war klar, dass wir dieses Projekt unbedingt als Stiftung unterstützen müssen.“ In Absprache mit dem Denkmalamt in Sibiu darf der Handwerks-Nachwuchs hier auch konkret mitarbeiten – eine einmalige Chance also, den Denkmalschutz ganz intensiv kennenzulernen, die es in Deutschland so gar nicht gibt. Umso größer war der Andrang der jungen Leute auf die begrenzten Plätze: Aus 65 Bewerbungen aus der Schweiz, Österreich und Deutschland wurden schließlich 20 engagierte Azubis aus dem zweiten Lehrjahr ausgewählt.
Unterstützt wurden sie von den Betreuern Gregor Botzet, Michael Doll (Handwerkerschule Martinsdorf Siebenbürgen e.V.), seiner Frau Elise als Projektmanagerin und guter Seele des Camps, von Kirchenmalermeisterin Bettina von Boch, Malermeisterin Astrid Robra, Farb- und Lacktechniker Lukas Keller (Fachlehrer und ehemaliger Sto-Stiftungs-Stipendiat) sowie Farb- und Lacktechniker Matthias List.

Unter ihren kundigen Augen und Anweisungen legten die jungen Handwerker in den zehn Tagen Bibeltexte in Kaseinmalereien an der Empore der Kirche in Mardisch frei und erstellten Treppenschnitte im Pfarrhaus, um festzustellen, wie viele Schichten Farbe im Laufe der Jahrhunderte aufgebracht wurden. Damit hat die Kirchengemeinde die Möglichkeit zu entscheiden, in welcher Farbfassung die Wände restauriert werden sollen. Im Workshop Graumalerei lernten die Teilnehmerinnern und Teilnehmer wie man Profile, Rosetten und Säulen so aufmalt, dass diese dreidimensional wirken. Mit dem Schablonieren mit Trockenpigmenten entdeckten sie eine weitere interessante und kaum noch praktizierte lasierende Technik. „Die zahlreichen Workshops waren alle sehr spannend“, sagt Teilnehmerin Séline Allet aus Willerzell in der Schweiz begeistert. „Wir haben sehr viele Techniken kennengelernt, die ich praktisch noch gar nicht kannte.“
Persönlichkeitsbildung und Horizonterweiterung
„Bei diesem Camp können wir den Auszubildenden nicht nur den Denkmal-Gedanken und die dazugehörigen Techniken näherbringen, sondern die jungen Leute auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung weiterbringen“, sagt Gregor Botzet. Dazu trug auch die Einfachheit der Unterkünfte im bereits renovierten Dachstuhl des Pfarrhauses und im angrenzenden Scheunengebäude bei sowie die gemeinsamen Mahlzeiten im Dorfgemeindehaus. Aber gerade das führte dazu, dass die Teilnehmer sehr schnell zu einem vertrauten Team wurden, das gemeinsam anpackte und lernte, einander half und sehr viel Spaß zusammen hatte. Besonders die Tischtennisplatte stellte sich für Teilnehmer wie Betreuer bald als Top-Treffpunkt und Unterhaltungsfaktor heraus. „Die Stimmung im Denkmalcamp war super“, bestätigt Teilnehmer Johannes Paganetty aus dem münsterländischen Gronau. „Schon nach dem ersten Tag waren wir ein cooles Team.“
Der Sto-Stiftung geht es immer auch darum, den Horizont der Geförderten zu erweitern. Deshalb standen im Rahmen mehrerer Kulturausflüge auch Landes- und Baugeschichte, Materialkunde sowie Baukultur auf dem Programm. Im nahegelegenen Cincșor (ehemals Kleinschenk) konnten sie eine restaurierte Kirchenburg in Augenschein nehmen, in Sibiu, dem ehemaligen Hermannstadt, lernten sie die Geschichte des Landes bis zum heutigen Tag kennen und erkundeten in Rahmen einer Führung die Altstadt mit ihren sehenswerten Restaurierungen.

Das Resümee der Azubis war zum Schluss einhellig: Jede Menge neues Wissen zu Handwerkskunst und Baukultur und ein großartiges Gemeinschaftserlebnis, zu dem jede und jeder die Reise nach Transsylvanien gerne wieder antreten würde. „Ich nehme zahlreiche positive Eindrücke und gute Freundschaften, viele neue Erfahrungen und reichlich Wissen über die Denkmalpflege mit nach Hause“, sagt Henrik Otte, Teilnehmer aus Bielefeld, begeistert. „Der Zusammenhalt und die Hilfsbereitschaft hier waren unglaublich. Ich würde mich freuen, nochmal dabei sei zu dürfen.“ Ob es eine weitere Ausgabe geben wird? „Aus der Nummer kommen wir nicht mehr raus“, sagt Botzet und lacht. „Aller Wahrscheinlichkeit nach werden wir auch im nächsten Jahr wieder mit einer neuen Azubitruppe herkommen.“ Infos dazu unter www.handwerkerschule.eu und www.sto-stiftung.de.
Quelle: Sto-Stiftung / mth
 

Foto: manuta/Adobe Stock
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