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Foto: © Romolo Tavani/Adobe Stock

Neuer Impuls in der Trendmap: die Videokonferenz. Foto: © Romolo Tavani/ stock.adobe.com

Abstandsregeln auf der Baustelle, Arbeitsmaterial im Lockdown schwer erhältlich, von einer gemeinsamen Weihnachtsfeier ganz zu schweigen. Die Corona-Pandemie stellt auch das Handwerk vor neuen Aufgaben und Herausforderungen. Virtuelle Messen und digitale Beratungsgespräche werden in nächster Zukunft noch wichtiger. Daher ist es sinnvoll, auch die eigene Homepage zu optimieren und die Social-Media-Aktivitäten auszubauen. Peter Wippermann ist Trendforscher und entwickelte gemeinsam mit der GHM Gesellschaft für Handwerksmessen mbH eine „Trendmap Handwerk“. Diese wirft einen Blick auf die Zukunft der Handwerkerbranche und verdeutlicht, inwieweit technologische und gesellschaftliche Veränderungen Einfluss auf Produktion, Betriebsorganisation und die Art des Zusammenarbeitens innerhalb und zwischen Unternehmen im Handwerk haben. Mappe hat den Trendforscher dazu interviewt.
„Die Gesundheit in den Mittelpunkt stellen.“
Mappe: Was war der ausschlaggebende Punkt für Sie sich mit einem Update der Trendmap Handwerk zu beschäftigen?
Peter Wippermann: Der Impuls kam von der GHM Gesellschaft für Handwerksmessen im letzten Sommer. Wir hatten gerade die erste Welle der Pandemie hinter uns und viele waren sehr optimistisch, dass dies fast das Ende war. Das Thema Gesundheit in der Pandemiezeit sehr zentral geworden. Gesundheit ist im Handwerk bisher eher in Richtung Betriebsunfälle definiert worden ist, aber nicht in Richtung Betriebsgesundheit und in Richtung allgemeine Gesundheit in Bezug zu den Kunden. Das war für mich der Ausgangspunkt. Diesen Aspekt hatten wir in dieser Form in der ursprünglichen Trendmap so nicht berücksichtigt, denn mit einer solchen Pandemie hat keiner gerechnet, auch wenn es von z. B. Bill Gates immer mal wieder Hinweise gab, dass so etwas passieren könnte. – Wenn wir heute auf die aktuellen Entwicklungen von z. B. Airbus schauen, weiß man, dass eine Nichtbeachtung der Gesundheit durchaus zu Betriebsteilstilllegungen führen kann. Und das nicht nur in der Fleischindustrie, sondern auch in allen Gewerken.
Mappe: Wie sind Sie auf die neuen Trends gekommen?
Peter Wippermann: Es sind gar nicht unbedingt sehr neue Trends, sondern eher bereits vorhandene Trends, die durch die Pandemie insgesamt befeuert wurden. Man geht z. B. davon aus, dass sich die Digitalisierung durch die Pandemie um fünf Jahre beschleunigt hat. Somit haben wir gewisse Dinge upgedatet. Einige Begriffe sind in bestimmten Kreisen der Industrie bereits benutzt worden. Dazu gehört zum Beispiel der Begriff „Remote“: Verbunden und gleichzeitig räumlich getrennt ist eine Entwicklung. Dieser Begriff ist nun plötzlich ganz wichtig geworden. Somit haben wir die beiden Aspekte „Remote Working“, Mobiles Arbeiten, und „Remote Support“, unterstützende, mobile Dienstleistung, der Trendmap Handwerk hinzugefügt.
Mappe: Welche der von Ihnen hinzugefügten Aspekte wird sich am schnellsten durchsetzen und bleiben?
Peter Wippermann: Die digitale Vernetzung vom Unternehmen mit Kunden, die mobile Erreichbarkeit mit allen Mitarbeitern auf einer Plattform, auf der sich die Mitarbeiter auch austauschen können untereinander ist das Interessanteste, das auf jeden Fall bleiben wird. Auch, was in Richtung Gesundheitsvorsorge geht, wird bleiben. Schnell verbreiten wird sich ebenfalls der Bereich der Touchless Technology, die Idee, dass man nirgends mehr draufdrückt, sondern sensorgesteuerte Elemente benutzt.

Mappe: Welcher Aspekt der neuen Normalität ist allen Gewerken gemeinsam?
Peter Wippermann: Es gibt viele unterschiedliche Gewerke und jemand der Haare schneidet, setzt andere Schwerpunkte als jemand, der malt. Jedoch sollten alle Gewerke die Gesundheit in den Mittelpunkt stellen. Die Organisation zum Kunden und die Organisation untereinander in der Arbeitsstätte, wo man zusammenkommt, ist sehr ernst zu nehmen, damit nicht eine große Infizierung der Mitarbeiter und eine Schließung des Betriebs droht. Hygieneeinrichtungen müssen vorhanden sein: Hände reinigen, auf saubere Luft in Gemeinschaftsräumen achten. Ich glaube, Handwerker haben diesem Aspekt bisher nicht sehr große Bedeutung beigemessen. Plötzlich wird deutlich, dass Betriebsgesundheit auch das Handwerk betreffen kann. – Jedoch bin ich mir sicher: Die Erfahrung, jetzt schon über ein Jahr mit diesem Thema beschäftigt zu sein, wird sich so tief verankert haben, dass man aus Vorsorge, dass so etwas in dieser Form nicht mehr passiert, bereit ist, Dinge zu ändern.
Mappe: Wo liegt genau die Chance in der Krise für das Malerhandwerk?
Peter Wippermann: Das Malerhandwerk hat plötzlich erlebt, dass die Leute selbst anfangen, ihre Räume zu gestalten. Auf der anderen Seite gibt es auch Leute, die lieber das Geld ausgeben und sich die Räume gestalten lassen. Insgesamt ist zu beobachten, dass die Bedeutung des eigenen Heims unglaublich an Gewicht gewonnen hat und man versucht, sein Zuhause zu verbessern, umzugestalten und noch attraktiver zu machen. Nicht alle haben verständlicherweise Lust, hier selbst Hand anzulegen. – Das ist die Chance fürs Malerhandwerk!
Dabei gilt: Der Kunde möchte nicht nur neu gestaltete Räume haben, sondern auch die Sicherheit, in diesen neuen Räumen nicht angesteckt zu werden, Hygienemaßnahmen sind also strengstens einzuhalten.
Mappe: Welche der ursprünglichen Trends aus der aktualisierten Trendmap Handwerk sind durch die Pandemie hinfällig oder abgeschwächt worden, welche werden eher befeuert?
Peter Wippermann: Momentan erleben wir, dass sich die technologische Ausstattung des Unternehmens beschleunigt hat, z. B. Videostream (Zoom usw.). Die interaktive Infrastruktur eines Unternehmens und Automatisierung stellt eine ökonomische Kraft dar, das heißt, dieser Bereich wurde beschleunigt. Verlangsamt wurden die Überlegungen, anders zusammenzuarbeiten. Momentan steigt die Eigenverantwortlichkeit. Es ist zu beobachten, dass neue Arbeitsformen erst einmal zurückgestellt werden im Verhältnis zur Stabilisierung der bisherigen Arbeitsform.
Mappe: Welche Auswirkungen können krisenbedingte Umstrukturierungen auf das Handwerk haben?
Peter Wippermann: Letzten Endes ist es so, dass in Krisenzeiten Handwerksunternehmen, die in der Lage sind, darauf zu reagieren, aus der Krise besser hervorgehen als die Unternehmen, die entweder ökonomisch eine schlechte Grundlage haben oder die Kundenbeziehungen haben schleifen lassen. Vorteile haben die Unternehmen, die sich bewusst umsichtig und kontinuierlich weiterentwickelt haben. Diese Unternehmen werden gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Dieses Interview erschien in gekürzter Form in der Printausgabe der Mappe 03/2021. Die „Trendmap Handwerk“ gibts hier zum Download.

Foto: manuta/Adobe Stock
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