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Wohin geht die Reise des Malerhandwerks?
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Mappe: Herr Schiek, wie sehen Sie die Aussage im Abschlussbericht zur Zukunft im Malerhandwerk: „Der Markt polarisiert und wird sich immer mehr in zwei Segmente aufteilen: Akkord und Premium“?
Thomas Schiek: Diese Polarisierung, die es sich ja schon länger abzeichnet, wird sich in der Tat verstärken. Malerbetriebe der mittleren Betriebsgröße mit fünf bis sieben Mitarbeitern, die von den Geschäftsfeldern und der Kundenstruktur ein breites Spektrum abdecken können, fallen immer mehr weg. Es wird dann auf der einen Seite mehr Großbetriebe geben, die für Industrie- und Gewerbekunden im Akkord arbeiten. Auf der anderen Seite sind es die Topbetriebe, die im Premiumbereich tätig sind. Bei der Betrachtung ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Ergebnisse des Erfa-Kreis spezifisch für das Malerhandwerk in Baden-Württemberg sind. Sie lassen sich nicht auf ganz Deutschland beziehen, denn hier gibt es ein sehr großes Nord-Süd- und Ost-West-Gefälle. Auf andere Gewerke in Baden-Württemberg sind sie durchaus übertragbar.
Mappe: Ein Fazit aus dem Erfa-Kreis ist auch, dass die Privatkunden- und Geschäftskundenmärkte immer stärker auseinander triften, mit der Feststellung, dass kleinere Betriebe das Know-how für beide Marktsegmente (Akkord und Premium) nicht dauerhaft vorhalten können? Was sagen Sie dazu?
T. Schiek: Akkordarbeit ist nichts für Kleinbetriebe mit bis drei Mitarbeitern, weil sie den dafür notwendigen Maschinenpark und die Manpower nicht haben. Aber auch weil sie meist nicht so kurzfristig flexibel sein können, um sofort auf die Wünsche von Geschäftskunden reagieren zu können. Was dies angeht, plädiere ich im Übrigen schon länger für Auftragsgrenzen für Kleinbetriebe bei 100.000 Euro Auftragssumme. Allerdings wird wohl jeder Betrieb versuchen, auch einen Großauftrag abzuwickeln, etwa wenn sein Stammkunde danach fragt, und sich, wenn die Kapazitäten nicht reichen, Unterstützung holen. Hier bieten sich Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Innungsbetrieben an. Es wäre überhaupt eine gute Lösung, um die Polarisierung abzuschwächen, wenn sich Betriebe Mitarbeiter und Maschinen je nach Auftragsanfall teilen. Dadurch könnten die Betriebe auch andere Segmente abdecken.
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Mappe: Im Abschlussbericht sehen die Erfa-Betriebe Potenzial vor allem in der Komplettsanierung sowohl im gewerblichen Bereich als auch bei Privatkunden. Klassischen Malerarbeiten weisen die involvierten Malerunternehmer eine untergeordnete Bedeutung zu mit einem geringen Potenzial nur im gewerblichen Bereich und der Industrie. Wie kommentieren Sie diese Einschätzung?
T. Schiek: Sich möglichst breit aufzustellen in den Geschäftsfeldern ist enorm wichtig. Vor allem Privatkunden, aber auch Gewerbe- und Industriekunden suchen verstärkt Handwerksbetriebe, die für (fast) alles eine Lösung haben, wenn sie ohnehin schon im Haus sind. Das Problem ist nur, dass nicht jeder Mitarbeiter alles kann, daher braucht es mindestens sechs bis zehn Leute mit unterschiedlichem Können und Fertigkeiten. Wenn ich hier meinen eigenen Betrieb mit sieben Mitarbeitern als Beispiel anführe, so decken wir ein sehr breites Spektrum ab. Wir sind zu 95 Prozent für Privatkunden tätig und führen zu 75 Prozent Arbeiten aus, die nicht zum klassischen Malerhandwerk zählen, wie Bodenbelagsarbeiten, Trockenbau, Heimtextilien und Silkonfugen ausbessern oder erneuern. Klassische Malerarbeiten wie zum Beispiel Holzbeschichtungen an Fenster und Türen werden schon lange immer weniger. Wenn ich nur klassische Malerarbeiten anbieten könnte, müsste ich drei Viertel meiner Mitarbeiter freistellen.
Mappe: Wie sehen Sie als Landesinnungsmeister die Zukunft im Maler- und Lackierhandwerk in Baden-Württemberg und in Deutschland?
T. Schiek: Das Malerhandwerk hat eine große Zukunft, es gibt immer etwas zu renovieren oder neu zu gestalten. Der Dachdecker kommt in der Regel nur einmal im Leben in ein Wohnhaus. Voraussetzung ist, dass die Betriebe breit aufgestellt sind, also verschiedene Geschäftsfelder und Kundengruppen bedienen können. Dann tut es nicht weh, wenn ein Bereich einbricht. Wer ausschließlich für die Großindustrie arbeitet, könnte schnell in Schwierigkeiten geraten und die Mitarbeiter können dann nicht einfach im Privatkundenbereich eingesetzt werden. Für die einzelnen Betriebe gibt es keine allgemeingültigen Rezepte für die Zukunftsgestaltung. Auf jeden Fall braucht es Zeit und Geduld, die passenden oder neue Arbeitsfelder zu entwickeln.
Mappe: Wie geht es Ihnen mit Ihrem eigenen Malerunternehmen? Wohin soll sich Ihr Betrieb in zehn Jahren entwickeln?
T. Schiek: Ich möchte auch in zehn Jahren so weiter machen wie jetzt, auf hohem Niveau und mit Spaß. Mit einer guten Kundenmischung aus Jung und Alt, genauso die Mitarbeiterstruktur. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit unserer breiten Aufstellung auch in Zukunft eine gute Auftragslage haben werden, dafür tun wir viel für die Kundenbindung und eine gute Beziehung zu unseren Bestandskunden. Vor allem sind wir offen und ehrlich. Außerdem sind wir immer offen für neue Geschäftsfelder, insbesondere, wenn wir mitbekommen, dass die Kunden dafür Bedarf haben.
Mappe: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schiek.