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30. November 2020
Redaktion
Interview

Wohin geht die Reise des Malerhandwerks?

„Der Markt polarisiert und wird sich immer stärker in zwei Segmente aufteilen: Akkord und Premium.“ Dieses Statement stammt aus der Ergebnispräsentation eines Erfahrungsaustauschkreises von Malerunternehmern des Landesinnungsverbands Baden-Württemberg. Thomas Schiek, Landesinnungsmeister Baden-Württemberg und Kreishandwerksmeister, kommentiert diese Ergebnisse im Mappe-Interview.
Wohin
Foto: ATKWORK888/Adobe Stock
Die Zukunft ist ungewiss – erst recht in diesen Zeiten. Dennoch gibt es Prognosen, wie es im Malerhandwerk weitergehen könnte.

Mappe: Herr Schiek, wie sehen Sie die Aussage im Abschlussbericht zur Zukunft im Malerhandwerk: „Der Markt polarisiert und wird sich immer mehr in zwei Segmente aufteilen: Akkord und Premium“?

Thomas Schiek: Diese Polarisierung, die es sich ja schon länger abzeichnet, wird sich in der Tat verstärken. Malerbetriebe der mittleren Betriebsgröße mit fünf bis sieben Mitarbeitern, die von den Geschäftsfeldern und der Kundenstruktur ein breites Spektrum abdecken können, fallen immer mehr weg. Es wird dann auf der einen Seite mehr Großbetriebe geben, die für Industrie- und Gewerbekunden im Akkord arbeiten. Auf der anderen Seite sind es die Topbetriebe, die im Premiumbereich tätig sind. Bei der Betrachtung ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Ergebnisse des Erfa-Kreis spezifisch für das Malerhandwerk in Baden-Württemberg sind. Sie lassen sich nicht auf ganz Deutschland beziehen, denn hier gibt es ein sehr großes Nord-Süd- und Ost-West-Gefälle. Auf andere Gewerke in Baden-Württemberg sind sie durchaus übertragbar.

Mappe: Ein Fazit aus dem Erfa-Kreis ist auch, dass die Privatkunden- und Geschäftskundenmärkte immer stärker auseinander triften, mit der Feststellung, dass kleinere Betriebe das Know-how für beide Marktsegmente (Akkord und Premium) nicht dauerhaft vorhalten können? Was sagen Sie dazu?

T. Schiek: Akkordarbeit ist nichts für Kleinbetriebe mit bis drei Mitarbeitern, weil sie den dafür notwendigen Maschinenpark und die Manpower nicht haben. Aber auch weil sie meist nicht so kurzfristig flexibel sein können, um sofort auf die Wünsche von Geschäftskunden reagieren zu können. Was dies angeht, plädiere ich im Übrigen schon länger für Auftragsgrenzen für Kleinbetriebe bei 100.000 Euro Auftragssumme. Allerdings wird wohl jeder Betrieb versuchen, auch einen Großauftrag abzuwickeln, etwa wenn sein Stammkunde danach fragt, und sich, wenn die Kapazitäten nicht reichen, Unterstützung holen. Hier bieten sich Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Innungsbetrieben an. Es wäre überhaupt eine gute Lösung, um die Polarisierung abzuschwächen, wenn sich Betriebe Mitarbeiter und Maschinen je nach Auftragsanfall teilen. Dadurch könnten die Betriebe auch andere Segmente abdecken.

Mappe: Im Abschlussbericht sehen die Erfa-Betriebe Potenzial vor allem in der Komplettsanierung sowohl im gewerblichen Bereich als auch bei Privatkunden. Klassischen Malerarbeiten weisen die involvierten Malerunternehmer eine untergeordnete Bedeutung zu mit einem geringen Potenzial nur im gewerblichen Bereich und der Industrie. Wie kommentieren Sie diese Einschätzung?

T. Schiek: Sich möglichst breit aufzustellen in den Geschäftsfeldern ist enorm wichtig. Vor allem Privatkunden, aber auch Gewerbe- und Industriekunden suchen verstärkt Handwerksbetriebe, die für (fast) alles eine Lösung haben, wenn sie ohnehin schon im Haus sind. Das Problem ist nur, dass nicht jeder Mitarbeiter alles kann, daher braucht es mindestens sechs bis zehn Leute mit unterschiedlichem Können und Fertigkeiten. Wenn ich hier meinen eigenen Betrieb mit sieben Mitarbeitern als Beispiel anführe, so decken wir ein sehr breites Spektrum ab. Wir sind zu 95 Prozent für Privatkunden tätig und führen zu 75 Prozent Arbeiten aus, die nicht zum klassischen Malerhandwerk zählen, wie Bodenbelagsarbeiten, Trockenbau, Heimtextilien und Silkonfugen ausbessern oder erneuern. Klassische Malerarbeiten wie zum Beispiel Holzbeschichtungen an Fenster und Türen werden schon lange immer weniger. Wenn ich nur klassische Malerarbeiten anbieten könnte, müsste ich drei Viertel meiner Mitarbeiter freistellen.

Mappe: Wie sehen Sie als Landesinnungsmeister die Zukunft im Maler- und Lackierhandwerk in Baden-Württemberg und in Deutschland?

T. Schiek: Das Malerhandwerk hat eine große Zukunft, es gibt immer etwas zu renovieren oder neu zu gestalten. Der Dachdecker kommt in der Regel nur einmal im Leben in ein Wohnhaus. Voraussetzung ist, dass die Betriebe breit aufgestellt sind, also verschiedene Geschäftsfelder und Kundengruppen bedienen können. Dann tut es nicht weh, wenn ein Bereich einbricht. Wer ausschließlich für die Großindustrie arbeitet, könnte schnell in Schwierigkeiten geraten und die Mitarbeiter können dann nicht einfach im Privatkundenbereich eingesetzt werden. Für die einzelnen Betriebe gibt es keine allgemeingültigen Rezepte für die Zukunftsgestaltung. Auf jeden Fall braucht es Zeit und Geduld, die passenden oder neue Arbeitsfelder zu entwickeln.

Mappe: Wie geht es Ihnen mit Ihrem eigenen Malerunternehmen? Wohin soll sich Ihr Betrieb in zehn Jahren entwickeln?

T. Schiek: Ich möchte auch in zehn Jahren so weiter machen wie jetzt, auf hohem Niveau und mit Spaß. Mit einer guten Kundenmischung aus Jung und Alt, genauso die Mitarbeiterstruktur. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit unserer breiten Aufstellung auch in Zukunft eine gute Auftragslage haben werden, dafür tun wir viel für die Kundenbindung und eine gute Beziehung zu unseren Bestandskunden. Vor allem sind wir offen und ehrlich. Außerdem sind wir immer offen für neue Geschäftsfelder, insbesondere, wenn wir mitbekommen, dass die Kunden dafür Bedarf haben.

Mappe: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Schiek.

Wohlig warme Wände
Nicht jede Gebäudefassade lässt sich mit einem Wärmedämmverbundsystem verkleiden. Eine Innendämmung bietet unter Umständen das bessere Energiesparkonzept. Wir informieren über Grundlagen.  Energetisches Modernisieren von Gebäuden ist eine Investition in die Zukunft, die Heizkosten senkt und den Werterhalt der IMMobilie steigert. Mit Innendämmsystemen lassen sich auch Gebäude dämmen, bei denen kein außenseitiges WDVS montiert werden kann. Rund 35 Prozent des Endenergieverbrauchs werden für Beheizung, Warmwassererzeugung und Beleuchtung von Gebäuden benötigt. Ein großer Teil dieser Energie geht in ungedämmten Häusern über die Gebäudehülle verloren. Innen- oder Außendämmung? Aktuellen Studien zufolge gibt es in Deutschland rund 1.760 Mio. m² an ungedämmter Fassadenfläche. Über 360 Mio. m² davon bieten Potential für eine energetische Innendämmung. Doch IMMer noch zögern viele IMMobilienbesitzer mit der Umsetzung solcher Maßnahmen. Grund dafür war die bisherige Forderung der EnEV 2009 nach einem U-Wert von < 0,035 W/(m²K) für die Dämmung von Innenseiten der Außenwände, die oft nur mit großen Dämmstoffdicken zu erfüllen waren. Der Nachteil: Die Wohnraumflächen werden kleiner. Auch Wärmebrücken bleiben bestehen, über die nach wie vor Heizwärme abfließen kann. Nach EnEV 2014, also seit dem 1. Mai 2014, entfallen jedoch die bisherigen Anforderungen an eine Innendämmung. Zudem wurden für den Innen- und Außenbereich gleichermaßen folgende Bedingungen festgelegt: Werden zukünftig Dämmmaßnahmen im Gebäudebestand ausgeführt und ist die Dämmschichtdicke aus technischen Gründen begrenzt, so sind die Anforderungen der EnEV 2014 erfüllt, wenn ein Dämmmaterial mit höchstmöglicher Dicke und mit der Wärmeleitfähigkeitsklasse WLG < 035 (Holz, Hanf und weitere mit WLG < 045) eingebaut wird. Diese Entschärfung soll dazu führen, mehr Bauherren zu einer freiwilligen Sanierung mit dem Ziel der Energieeinsparung zu bewegen. Innendämmung hat Potenzial Die Sanierung mit Hilfe von Innendämmsystemen verfolgt verschiedene Ziele: die Verbesserung der Energieeffizienz, die Optimierung des Nutzwertes von IMMobilien sowie die Verhinderung und Beseitigung von feuchtebedingten SchIMMelschäden durch konstruktive bzw. bauphysikalische Optimierung des Wandaufbaus (Erhöhung der Oberflächentemperatur auf der Wandinnenseite). Typische Einsatzfelder von Innendämmsystemen sind • Gebäude mit denkmalgeschützten bzw. erhaltenswerten Fassaden – Fachwerk, Sichtmauerwerk, Stuckfassaden • Gebäude mit Grenzbebauung oder bei denen Grenzfluchten einzuhalten sind; hier kann keine ausreichende Dämmstoffdicke auf der Fassade angebracht werden • Gebäude, an denen für eine Außendämmung kein ausreichender Dachüberstand vorhanden und auch nicht herstellbar ist • Teileinheiten von IMMobilien im Gemeinschaftseigentum, wenn nicht alle Miteigentümer einer energetischen Fassadensanierung zustIMMen • GästezIMMer, Hobbyräume oder nur gelegentlich genutzte Räume – Kirchen, Vereinsheime, Ferienhäuser Wirksamer Schutz vor SchIMMel SchIMMel im Wohnraum sieht nicht nur unschön aus, sondern gefährdet auch die Gesundheit. Seine Entstehung wird durch kalte Innenwände an der Außenseite von Gebäuden gefördert, da diese eine vermehrte Feuchtigkeitsansammlung begünstigen – und beste Voraussetzungen für die Sporen schaffen. Neben ausreichender Luftzufuhr empfiehlt sich daher vor allem eine Erhöhung der Oberflächentemperatur dieser Wandflächen – eben mit Hilfe einer präventiven Innendämmung. Als gefährdet gelten ZIMMerwände und -decken, die an der Gebäudeaußenwand gelegen sind, sowie Fensterbereiche und Vorsprünge. Diese Flächen sind kälter und die kondensierte Luftfeuchtigkeit kann sich hier leichter sammeln. Auch sogenannte Wärmebrücken, also örtlich begrenzte Stellen, an denen ein erhöhter Wärmefluss nach außen stattfindet, tragen zu einer geringeren Oberflächentemperatur der Innenwände und einer Erhöhung der Oberflächenfeuchte bei. Das sind z. B. Ecken, Vorsprünge und Fensterbereiche. Im Winter verstärkt sich dies dann noch. Fotos: Erfurt Temperaturen der Wandoberflächen erhöhen Innendämmsysteme bieten Vorteile, die in Zusammenhang mit einer vorbeugenden Ursachenbekämpfung von SchIMMel stehen. Denn die thermisch wirksamen Systeme entkoppeln den Wohnraum vom kalten Mauerwerk und erhöhen so die Wandoberflächentemperatur. »So wird verhindert, dass sich feuchtwarme Raumluft als Kondenswasser an kühlen Wänden niederschlägt, diese durchfeuchtet und damit eine Brutstätte für SchIMMelbefall schafft«, erklärt Josef Pritzl, Produktmanager bei Erfurt & Sohn. Eine Innendämmung kann somit eine schIMMelpräventive und gleichsam energetisch sinnvolle Lösung für einzelne Innenräume, Wohnungen oder ganze Gebäude darstellen. Das Gute dabei: Sie ist bei verhältnismäßig geringem Verarbeitungsaufwand in der Lage, eine effektive Verbesserung der Wärmedurchlasswiderstände von Bestandsbauten zu erreichen. In ihrer Dämmfunktion reduzieren Innendämmplatten so merklich den Wärmefluss nach außen. Das ermöglicht ein Raumklima, das über das Jahr hinweg angenehm bleibt und den SchIMMelsporen wenig Wachstumsgrundlage bietet. Systemvarianten bei Innendämmungen Ein zentraler Aspekt ist das Feuchtemanagement des Wandbildners. Innendämmsysteme (IDS) lassen sich dabei in drei Kategorien einteilen: 1. dampfdiffusionsdichte Systeme 2. diffusionshemmende bzw. semipermeable Systeme 3. dampfdiffusionsoffene Systeme Für alle Varianten existieren abgeschlossene Projekte, die die Funktionstüchtigkeit des jeweiligen Schutzprinzips belegen. Jeder der genannten Schutzmechanismen weist spezielle Stärken und Schwächen auf, sodass eine pauschale Behandlung als Innendämmung nicht sinnvoll erscheint. Wie jede Dämmmaßnahme verändert die Montage eines Innendämmsystems die Bauphysik eines Gebäudes. Daher ist im Sanierungsfall eine umfassende Bestandsaufnahme mit sorgfältiger Detail- und Ausführungsplanung wichtig, um zum Beispiel Wärmebrücken zu vermeiden. Hierbei helfen die Hersteller der Dämmsysteme.
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