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Beim Arbeiten zuhause tut ein vom Malermeister ansprechend gestaltetes Umfeld gut. Foto: Adobe Stock max3d007

Im Interview beleuchten Prof. Dr. Oliver Falck und Jean-Victor Alipour vom ifo Institut – Leibniz-Institut fuer Wirtschaftsforschung an der Universität München e.V. die Auswirkungen, im Homeoffice zu arbeiten:

 
 

Mappe: In Ihrer ifo Studie kommen Sie zu dem Ergebnis, dass 56 Prozent der Erwerbstätigen theoretisch von zuhause aus arbeiten könnten. Wie kommentieren Sie dieses Ergebnis?
Falck/Alipour: Der Corona-Schock hat viele Firmen dazu gezwungen, die Voraussetzungen für Fernarbeit zu verbessern bzw. neu zu schaffen. Neuere Umfragen legen nahe, dass in der Praxis weitestgehend positiven Erfahrungen mit der Umstellung – trotz der widrigen Umstände – gemacht wurden. Die Heimarbeit wird daher aller Wahrscheinlichkeit nach auch über die Krise hinaus eine wichtige Rolle in unserem Arbeitsleben spielen.
Mappe: Für welchen Zeithorizont wird sich das Homeoffice durchsetzen?
Falck/Alipour: Viele Firmen haben erst durch die Erfahrungen während der Krise ihre Vorbehalte gegenüber Homeoffice abbauen und die Vorteile erkennen können: Produktivere und zufriedenere Beschäftigte, Einsparmöglichkeiten bei teuren Büroflächen, gesteigerte Attraktivität als Arbeitgeber, um nur einige zu nennen. Eine ifo-Umfrage unter mehr als 7000 Unternehmen zeigt: 54 Prozent der Firmen gehen davon aus, dass Homeoffice in ihrer Organisation dauerhaft an Bedeutung gewinnen wird.
Mappe: Viele Führungskräfte haben Vorbehalte gegenüber der Arbeit im Homeoffice abgebaut, welche Bedenken gibt es immer noch?
Falck/Alipour: Nachdem die technischen Voraussetzungen für die Fernarbeit geschaffen sind, liegt die größte Herausforderung darin, das Management auf die Führung von Mitarbeitern und die Koordination von Teams aus der Ferne einzustellen. Dazu gehört zum Beispiel das Etablieren von Feedbacksystemen, Transparenz beim Status von Aufgaben, Klarheit bei Zuständigkeiten und Erreichbarkeiten und letztendlich auch die Frage wie Leistung evaluiert wird. Für viele Firmen stellt eine solche Umstellung eine entscheidende Hürde dar. Dass eine Homeoffice-Regelung auch mal schief gehen kann zeigt das Beispiel des Unternehmens Yahoo im Jahr 2013. Damals hatte die neue CEO ein großzügige Homeoffice-Programm aufgrund von Koordinationsschwierigkeiten und letztendlich einem Verfall der Arbeitsmoral und der Loyalität unter den Beschäftigten wieder zurückfahren müssen.
Mappe: Im Homeoffice muss häufig noch improvisiert werden. Wo gibt es die meisten Unsicherheiten und Fragen in Bezug auf das Arbeiten von zuhause aus?
Falck/Alipour: Ein großer Punkt ist die Frage, wer die Kosten des heimischen Arbeitsplatzes trägt. Dazu gehören etwa Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer besseren Breitbandverbindung, benötigter Hardware oder der Nutzung der heimischen Infrastruktur (Energie, Raum, etc.) anfallen. Aktuell bleibt ein Großteil dieser Kosten bei den Arbeitnehmern hängen, zumal die Hürden für die steuerliche Berücksichtigung von Homeoffice sehr hoch sind. Dies hat auch etwas damit zu tun, dass in der Vergangenheit das Homeoffice meist als ein Privileg gesehen wurde, für das die Beschäftigten selbst die Voraussetzungen schaffen sollten. Jetzt, da viele Arbeitgeber die Vorteile von Homeoffice erkannt haben, werden sie ihre Beschäftigten immer häufiger dazu animieren, von einer Homeoffice-Regelung Gebrauch zu machen. Dies könnte die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer wiederum stärken. Es bleibt also abzuwarten, ob sich Arbeitgeber bei der Kostenfrage mit ihren Belegschaften selbst arrangieren werden, oder ob das Thema zum Politikum wird.
Mappe: In welchen Bereichen müssen jetzt dringend gesetzliche Regelungen geschaffen werden in Bezug auf das Arbeiten im Homeoffice?
Falck/Alipour: Vor allem das Arbeitszeitgesetz ist noch sehr vom Bild eines traditionellen „nine to five“ Jobs geprägt, den Beschäftigte vollständig im Betrieb verbringen. Die zeitliche Flexibilisierung, die mit der Heimarbeit in der Regel einhergeht, ist oft nicht mit den gesetzlichen elf Stunden ununterbrochene Ruhezeit oder den täglichen Höchstarbeitszeiten vereinbar. Über eine Modernisierung der Vorgaben wird schon länger diskutiert. So könnte beispielsweise die Höchstarbeitszeit auf die Arbeitswoche statt den Tag bezogen und Ruhezeiten etwas aufgeweicht werden. Der krisenbedingte Schub hin zu flexibleren Arbeitsmodellen macht es umso wichtiger die gesetzlichen Vorgaben in Einklang mit der Arbeitsrealität zu bringen – ohne den Schutzzweck zu vernachlässigen.
Mappe: Welche Hilfen und vom wem brauchen Arbeitnehmer jetzt, die sich zuhause ein Homeoffice einrichten müssen?
Falck/Alipour: Viele Beschäftigte haben im Corona bedingten Homeoffice ihre Kompetenzen beispielsweise im Umgang mit neuen virtuellen Kommunikationsmitteln ausgebaut. Virtuelle Weiterbildungsangebote in diesem Bereich waren sehr gefragt. Diejenigen, die während des Deutschland-weiten Lockdowns noch keine Erfahrung mit Homeoffice gemacht haben, werden in solche Kompetenzen erst noch investieren müssen. Das betrifft wahrscheinlich vor allem Beschäftigte, die insgesamt mit der digitalen Transformation Schwierigkeiten haben, mitzuhalten. Hier könnten vielleicht staatlich subventionierte Weiterbildungsgutscheine unterstützen
Mappe: Welche Folgen wird der Trend zum Homeoffice in Bezug auf die Flexibilisierung der Arbeit haben?
Falck/Alipour: Die örtliche Flexibilisierung der Arbeit umfasst auch immer eine zeitliche Komponente. Allein der Wegfall der Pendelzeiten sorgt dafür, dass typische Bürozeiten und Arbeitszeiten im Homeoffice eher auseinanderfallen. Und schließlich liegt der Reiz von Homeoffice für viele gerade darin, Arbeit und Kinderbetreuung oder anderen Termine besser miteinander vereinen zu können. Die organisatorische Herausforderung liegt letztendlich darin, Mitarbeiter im Betrieb und im Homeoffice erfolgreich zu koordinieren. Denkbare Ansätze dafür sind etwa Kernarbeitszeiten, die auch zu Hause gelten, oder feste Präsenztage für alle Mitarbeiter.
Mappe: Vielen Dank für Ihre Antworten.
In der Mappe 11.2020 lesen Sie mehr über den Trend und seine Auswirkungen, aber auch über die sich daraus ergebenden Chancen für Malerbetriebe.
 

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