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IM IN­TER­VIEW MIT EI­NEM, DER ES WISSEN MUSS: AN­DRE­AS PIE­PER VOM BUN­DESIN­STI­T­UT FÜR BE­RUFSBIL­DUNG Foto: BIBB

[tttgallery id=“1196″] Zuletzt betrug die Abbrecherquote 2016 knapp 26 Prozent, das ist der höchste Wert seit Anfang der 1990er-Jahre. „In den letzten Jahren erhält dieses Thema insbesondere vor dem Hintergrund der Diskussionen um einen Fachkräftemangel große Beachtung“, stellt Alexandra Uhly in dem Diskussionspapier „Vorzeitige Vertragslösungen und Ausbildungsverlauf in der dualen Berufsausbildung“ des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) fest. Europaweit verlassen junge Menschen vorzeitig das Ausbildungssystem. Dabei variieren die Lösungsquoten zwischen den Zuständigkeitsbereichen deutlich: In den Berufen des Handwerks zeigte sich mit 33,9 Prozent im Bundesdurchschnitt die höchste Lösungsquote. Doch was sind die Ursachen? Liegt es an den Betrieben, der Qualität der Ausbildung oder doch an den Jugendlichen? Wir haben mit Andreas Piper gesprochen. Er ist Pressesprecher und Leiter der Stabsstelle „Presse und Öffentlichkeitsarbeit“ beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). [tttgallery id=“1197″]
Mappe: Sind Jugendliche heute weniger ausbildungsreif als vor 30 Jahren?
Andreas Pieper: Da es keine Messungen zur Ausbildungsreife gibt – weder aktuelle noch frühere –, kann diese Frage nicht wirklich beantwortet werden. Insgesamt ist die Diskussion um die mangelnde Ausbildungsreife komplex. Das liegt auch daran, dass es sehr unterschiedliche Vorstellungen darüber gibt, welche Merkmale ausbildungsreife Jugendliche auszeichnen. Bereits vor einigen Jahren haben die Partner im Nationalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Betrieben, Schulen und Arbeitsagenturen einen Katalog von Merkmalen und Mindestanforderungen für die Aufnahme einer Berufsausbildung entwickelt, der Begriffe und Sachverhalte erläutert und eine Orientierungshilfe darstellen kann. Tipp: Eine Orientierungshilfe, ob der Bewerber oder Azubi ausbildungsreif ist, gibt es bei der Bundesagentur für Arbeit unter www.arbeitsagentur.de im Download Bedenkt man aber, dass es letztendlich die Betriebe sind, die entscheiden, welchen Jugendlichen sie eine Ausbildung zutrauen, die Betriebe sich aber in ihren Ansprüchen unterscheiden und ihre Ansprüche sich außerdem durch zum Beispiel technologische Entwicklungen verändern, ist es schwierig, allgemeingültige Aussagen zur Ausbildungsreife zu treffen. Das heißt, je nachdem, wie man Ausbildungsreife definiert bzw. welches Anforderungsniveau man festlegt, gelangt man zu unterschiedlichen Antworten. Wichtig ist jedoch, dass erfolglosen Jugendlichen nicht pauschal eine mangelnde Ausbildungsreife unterstellt wird. Das wäre zu einfach und zu kurz gedacht!
Mappe: Wie kann die Bindung des Azubis an den Betrieb gut und dauerhaft gelingen?
A. Pieper: Angesichts der zunehmenden Passungsprobleme am Ausbildungsstellenmarkt und der aktuellen Frage, wie es gelingen kann, Jugendliche und Betriebe besser zusammenzuführen, hat sich die Forschung des BIBB zuletzt mit Bewerberwünschen an den Ausbildungsbetrieb befasst. So konnte im Rahmen der BA/BIBB-Bewerberbefragung 2016 gezeigt werden, dass Betriebe für Jugendliche dann besonders attraktiv sind, wenn sie ein gutes Betriebsklima, einen sicheren Arbeitsplatz und gute Übernahmechancen bieten. Gute Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, finanzielle Unterstützungen, z. B. durch Fahrtkostenzuschüsse, oder die Bezahlung von Überstunden spielen ebenfalls eine Rolle. Nachrangig war für die Befragten, ob der Betrieb zu Beginn der Ausbildung materielle Anreize – z. B. ein Smartphone – bietet oder in den sozialen Netzwerken aktiv ist.
Mappe: Was sind die fünf wichtigsten Punkte, die Ausbilderinnen und Ausbilder in Betrieben beachten sollten, um Abbrüche zu verhindern?
A. Pieper: Auszubildende haben unabhängig vom Bildungsabschluss ein Bedürfnis nach „echter Arbeit“. Sie sollten daher in reale Arbeitsprozesse eingebunden werden. Sie haben das Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung und wünschen sich ein ehrliches, aber zugleich auch wertschätzendes Feedback, wobei die Feedbackkultur insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen häufig zu kurz kommt. Betriebe sollten darüber hinaus die unterschiedlichen Bedürfnisse und Anforderungen der Auszubildenden je nach ihrem Bildungshintergrund ernst nehmen und darauf reagieren. Eine angemessene Ausbildungsvergütung, gute Rahmenbedingungen, eine klare Perspektive auf Übernahme nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss und gute Entwicklungsmöglichkeiten sind weitere wichtige Faktoren, um Ausbildungsabbrüche zu verhindern und Auszubildende langfristig an den Betrieb zu binden. Eine genauere Betrachtung der Aktuellen Diskussion rund um das Thema Ausbildungsabbrüche im Handwerk und was Betriebe tun können, um attraktiver für junge Bewerber zu sein, gibt es im Brennpunkt „Das Land der Abbrechen“ der Dezember-Ausgabe der Mappe

Foto: manuta/Adobe Stock
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