FOTO: UDO HERRMANN
Nachfolger dringend gesucht
Aus meinen Coachings weiß ich, viele Handwerksmeister sehen sich derzeit in dieser Situation. Sie möchten den Ruhestand einläuten, aber finden keinen Nachfolger. Häufig wird versäumt, rechtzeitig die Weichen für die nächste Generation zu stellen. Aus Sicht des Nachfolgers stellen sich viele Fragen: Bin ich dieser Aufgabe gewachsen? Kann ich mir die Übernahme finanziell leisten? Wie reagieren die Mitarbeiter und der Kundenstamm, wenn der jetzige Inhaber ausscheidet? Funktioniert das bisherige Geschäftsmodell auch für die Zukunft? Wie hoch ist mein Risiko? Wie viele Wochenstunden muss ich arbeiten, wenn ich dann der Chef bin? Wieviel verdiene ich letztendlich in der Selbständigkeit? Hat der bisherige Inhaber darauf gute Antworten parat, ist schon einmal eine gute Übergabebasis vorhanden.
Den Betrieb attraktiv gestalten
[tttgallery id=“1347″] Aus meiner Sicht sollte man daher möglichst frühzeitig daran arbeiten, den Betrieb für einen möglichen Betriebsnachfolger möglichst attraktiv zu gestalten. Die folgenden Maßnahmen helfen dabei:
Klarheit über die Zielgruppe gewinnen und die Alleinstellungsmerkmale des Betriebes finden.
Maßnahmen zur Dokumentation des Gewährleistungsrisikos ergreifen, beispielsweise konsequent Abnahmeprotokolle anfertigen.
Wichtige Dinge delegieren z. B. die Betreuung wichtiger Kunden abgeben.
Klare Rahmenbedingungen für das ganze Team schaffen, damit der Betriebsinhaber im Tagesgeschäft weitgehend entbehrlich ist. Optimal dafür ist ein eigenes Firmenhandbuch in dem Abläufe, Aufgaben und Regeln klar beschrieben sind.
Eine übersichtliche und zeitnahe Auswertung der betriebswirtschaftlichen Zahlen sicherstellen.
Eine realistische Bewertung von allen betrieblichen Werten erstellen.
Eine Betriebsübergabe ist mit Ängsten verbunden
In einem meiner Coachings traf ich einen Fließenlegerbetrieb, der kurz vor der Übergabe an die nächste Generation stand. Die Übergabe des eigenen Betriebs kann eine konfliktreiche Zeit sein, wenn unterschiedliche Wünsche aufeinandertreffen. Im Coaching zeigte sich, dass der Vater andere Vorstellungen von der Zukunft des Betriebs hatte, als sein Sohn, der den Betrieb übernehmen sollte: Der Wunsch des Sohns eine neue Halle anzubauen, verursachte beispielsweise finanzielle Sorgen beim Vater, er hatte sein Vermögen in den Betrieb investiert und machte sich Sorgen um seine Altersvorsorge.
Eine Lösung lässt sich in allen Fällen finden
Nachdem sich beide Parteien klar darüber geworden sind, was ihnen wichtig ist, aber auch, was keinesfalls passieren sollte, können in einem gemeinsamen Gespräch diese Vorstellung abgegeichen und Kompromisse gefunden werden. Wird der Prozess der Übergabe begleitet, kann das gegenseitige Verständnis gefördert werden und Lösungen gefunden werden. Der Sohn, der den Betrieb des Vaters übernehmen wird, wird die neue Halle zwar bauen, dem Vater allerdings eine monatliche dauernde Last als Absicherung zahlen. Zusammenfassend bin ich der Meinung, je weniger ein Betrieb von der Leistung des Inhabers abhängig ist, umso leichter lässt sich dieser übergeben. Es lohnt sich nicht nur wegen der Staffelübergabe, sondern auch für mehr Erfolg und persönlichen Freiraum an der Organisation und Struktur des Unternehmens zu arbeiten. Udo Herrmann Der Autor, Schreinermeister und Inhaber des Handwerksbetriebs Herrmann Parkett Möbel Räume, ist Vorstand einer Handwerkskooperation, die ganzheitliche Konzepte für ihre Kunden anbietet. Er hat das Erfolgskonzept für Handwerker entwickelt und trainiert Selbstständige und Führungskräfte. Als Coach begleitet er Handwerksbetriebe bei der Weiterentwicklung. Weitere Informationen: www.udoherrmann.info
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