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2. Oktober 2023
Redaktion
Nachwuchs

Auszubildende gewinnen – und halten

Für die Unternehmen ist es schwer, Auszubildende zu gewinnen. Umso schmerzhafter ist es, wenn es mit der Ausbildung dann nicht klappt. Susanne Biederbick, Bildungsgangleiterin für den Ausbildungsberuf Maler*In/Lackierer*In am Max-Born-Berufskolleg Recklinghausen, Berufsschule Maler und Lackierer, erläutert im Interview die Hauptbeweggründe, weshalb Auszubildende ihre Ausbildung abbrechen.
Person
Foto: FK-Textfotograf/Adobe Stock
Junge Menschen brechen aus vielen unterschiedlichen Gründen ihre Ausbildung ab.

Frau Biederbick, welche Erfahrungen haben Sie mit Ausbildungsabbrüchen im Ausbildungsberuf Maler und Lackierer und welche Rolle spielen die Berufsschulen dabei?

Susanne Biederbick: Die Anzahl der Abbrüche variiert, im vergangenen Jahr gab es weniger Ausbildungsabbrüche, in den zwei Jahren davor war die Anzahl deutlich höher.

Im besten Fall bekommen wir mit, dass Auszubildende mit dem Gedanken spielen, die Ausbildung abzubrechen. Dann haben wir die Möglichkeit, gemeinsam mit den Auszubildenden, nach Lösungen zu suchen. Wenn gewünscht, suchen wir das Gespräch mit den Ausbildungsbetrieben.

Wie kann die Berufsschule Einfluss nehmen bei einem drohenden Abbruch?

S. Biederbick: Oftmals suchen die Auszubildenden mit uns das Gespräch. Wenn Auffälligkeiten wie fehlenden Motivation, Unkonzentriertheit oder Störungen zu beobachten sind, sprechen die Lehrer*innen die Auszubildenden an. Wir versuchen dann den Blick der Auszubildenden zu weiten. Je nach Grund der Unzufriedenheit, probieren wir die Auszubildenden zu motivieren, das Gespräch mit dem Chef zu suchen. Sollten die internen Probleme unlösbar sein, motivieren wir die Auszubildenden, sich einen anderen Malerbetrieb zu suchen.

Wenn die Auszubildenden in der Schule überfordert sind, besteht die Möglichkeit, einen externen Förderunterricht zu besuchen. Allerdings sind die Kapazitäten der Anbieter von ausbildungsbegleitenden Hilfen momentan endlich. Bei belastenden, privaten Problemen stehen den Auszubildenden bei Bedarf unsere Schulsozialarbeiter mit Rat und Tat zur Seite.

Auf welche Anzeichen sollten Ausbildungsbetriebe achten und was sollten Sie tun?

S. Biederbick: Die Auszubildenden verhalten sich möglicherweise in den Betrieben ähnlich wie in der Schule. Sie sind wenig interessiert und motiviert, kapseln sich ab. Oft beginnt der Prozess mit einer längerfristigen Krankschreibung, oder wiederholten Krankmeldungen.

Sieben Maßnahmen, um Ausbildungsabbruch zu vermeiden

  • Zeit nehmen zum Erklären: Die Neugier der Auszubildenden wird dabei oftmals zum Problem, denn gerade in kleinen Betrieben haben Chefs nur wenig Zeit, alle Fragen ausführlich zu beantworten. Auszubildende fühlen sich dann nicht richtig verstanden und nicht gut betreut.
  • Klare Regeln aufstellen: Wenn Regeln nicht klar kommuniziert werden, ist das oft eine zweite Ursache für Probleme. Das schafft Missverständnisse auf beiden Seiten.
  • Anzeichen für Probleme erkennen: Hinweise dafür, dass Auszubildende kurz davor sind hinzuschmeißen, zeigen sich im Verhalten. Wer oft krank oder unentschuldigt fehlt, desinteressiert wirkt oder Anweisungen nicht befolgt, zeigt, dass etwas nicht in Ordnung ist. Spätestens dann sollten Ausbildende den Problemen auf den Grund gehen.
  • Regelmäßige Gespräche: Schon zehn Minuten pro Woche reichen dafür meist aus. In solchen Unterhaltungen könnten die Ausbildenden fragen, was es Neues gibt, wie die Woche war und wo es Probleme gibt.
  • Azubis ins Team integrieren: Nur wer im Team integriert ist, bringt eigene Ideen ein, wovon der Betrieb profitiert. Davor sollten Führungspersonen übrigens keine Angst haben.
  • Ausbildungsmappe erstellen: Damit es gar nicht erst zu Problemen kommt, ist es sinnvoll eine Ausbildungsmappe zu erstellen, in der die Betriebsregeln festgehalten sind. So ist von Anfang an klar, welches Verhalten von den Auszubildenden erwartet wird. Diese Mappe sollten Betriebsinhabende gemeinsam mit ihren Azubis erstellen und ständig weiterentwickeln.
  • Mediator*innen in Handwerkskammer kontaktieren: Wenn die Beziehung schon angeknackst ist, hilft nur noch, sich mit neutralen Personen für eine Aussprache zusammenzusetzen. Damit das Klima wieder besser wird, müssen die „Rettungsvorschläge“ aber von den Streitparteien selbst kommen. Denn meist sind beide Seiten schuld daran, dass es Probleme gibt.

Alle Hintergründe zum Thema „Ausbildungsabbrüche“ beleuchten wir in der Mappe 10/23.

Foto: manuta/Adobe Stock
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