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Im Interview: Prof. Dr. Cornelia Zanger. Sie ist Studiengangsleiterin Customer Relationship Management an der TU Chemnitz. Foto: Privat

In Zeiten wie der Corona-Pandemie sind lokale Anbieter sehr gefragt, die die Grundversorgung auch auf dem Land sicherstellen. Vielen Verbrauchern ist das bewusst geworden und sie haben es zu schätzen gelernt. Sie kennen die Ladenbesitzer und das Personal und vertrauen ihnen. Vertrauen ist ein Gefühl, das in unsicheren Zeiten ganz oben steht.
Während vor der Krise die Mitarbeiterrekrutierung im Fokus stand, ist es jetzt die Auftragsakquise. Mitarbeiter gibt es jetzt ausreichend. Die Unternehmen im Baugewerbe haben laut ZDB im ersten Quartal des Jahres, also vor der Krise , vier Prozent mehr Menschen eingestellt, die nun beschäftigt werden wollen. Was es braucht, sind konsumwillige Kunden. Die kommen durch ein gutes Beziehungsmarketing. Lesen Sie dazu hier das vollständige Interview mit Prof. Dr. Cornelia Zanger. Sie ist Studiengangsleiterin Customer Relationship Management an der TU Chemnitz.
Mappe: Wie haben sich die Kundenbedürfnisse durch die Corona-Pandemie verändert?

Prof. Cornelia Zanger: Kunden erwarten seit Corona vor allem die Möglichkeit ihre Bedürfnisse noch konsequenter über digitale Einkaufsmöglichkeiten zu realisieren. Sie werden im Business-to-Business-Geschäft nach einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey&Company von Anfang April 2020 doppelt so wichtig wie vor Corona. Fast 90 Prozent des Umsatzes werden international über Videokonferenz-, Telefon- und Web-Verkaufsmodelle erzielt. Im Endkunden-Geschäft beginnen 86 Prozent der deutschen Kunden ihren Einkauf von zu Hause aus über Online-Kanäle. Für Unternehmen bedeutet dies noch konsequenter als bisher einen Omi-Channel-Verkauf zu ermöglichen, um den Kunden jederzeit ob stationär, online oder mobil die Möglichkeit zur Bedürfnisbefriedigung zu ermöglichen.
Mappe: Welchen Stellenwert hat das Beziehungsmarketing in Zeiten wie diesen?

Prof. Cornelia Zanger: Beziehungsmarketing ist in Krisenzeiten der „Kitt“, der die Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmen und Kunde stabilisiert. Dabei geht es vor allem um die Verbundenheit zwischen den Geschäftspartnern, die auf gegenseitigem Vertrauen und Respekt beruht.
Mappe: Was sollten Handwerker im Umgang mit Kunden jetzt besonders
beachten?
Prof. Cornelia Zanger: Erfolgreiches Kundenbeziehungsmarketing basiert auf einer Beziehung auf Augenhöhe. Gerade jetzt kommt es darauf an, eine vertrauensvolle, partnerschaftliche Beziehungen zum Kunden zu pflegen, die es auch ermöglicht, über Probleme zu sprechen. Beim Kunden können in der Krise z.B. Probleme bei der Inanspruchnahme einer vereinbarten Leistungen entstehen, weil vielleicht das eigene Personal in Kurzarbeit ist. Oder der Kunde ist in Zahlungsschwierigkeiten. In einer vertrauensvollen Kundenbeziehung wird gemeinsam nach für beide Partner akzeptablen Lösungen gesucht. Der Kunde wird dann auch Verständnis für Probleme des Handwerksunternehmens aufbringen z. B. bei Lieferverzögerungen durch Produktionsstopp beim Vorlieferanten oder bei Problemen mit dem Hygienekonzept.
Mappe: Braucht es ein komplexes CRM-System für ein funktionierendes
Beziehungsmarketing oder reicht es auch, höflich, zuverlässig, freundlich,
zugewandt, authentisch und verbindlich im Umgang mit den Kunden zu sein?

Prof. Cornelia Zanger: Ein teures komplexes CRM-System ist gerade im Handwerk nicht erforderlich, aber eine wohl sortierte Kundendatei ist gerade in Krisenzeiten Gold wert. Schon einfache digitale Kundenmanagementsysteme bringen einen großen Effekt für ein optimales Beziehungsmarketing. Die Kundendaten werden inklusive entsprechender Einverständniserklärungen erfasst, konsolidiert und für maßgeschneiderte Angebote und die Beziehungspflege genutzt. Dem Handwerksbetrieb ist es auf diesem Wege möglich, auf Kundenanfragen schnell zu reagieren oder selbst pro aktiv den Kundenkontakt zu suchen.
Mappe: Welche Rolle spielen die Mitarbeiter im Kundenbeziehungsmarketing?

Prof. Cornelia Zanger: Die Mitarbeiter sind die „Botschafter“ des Unternehmens und spielen eine sehr wichtige Rolle für die Entwicklung und Stabilisierung von Kundenbeziehungen. Gerade die persönliche Ebene, die stimmende „Chemie“ zwischen Mitarbeiter und Kunden kann eine emotionale Basis schaffen auf der auch über Probleme wie beispielsweise Reklamationen oder Beschwerden gesprochen wird. Oft kann dann schnell Abhilfe geschaffen werden, ehe förmliche Beschwerdekanäle genutzt werden und der Kunde sich z.B. in sozialen Netzwerken negativ über das Unternehmen äußert.
Mappe: Welche Bedeutung haben individualisierten Marketingmaßnahmen für Kunden?
Prof. Cornelia Zanger: In Zeiten von Käufermärkten und einem überbordenden Angebot in sehr vielen Bereichen erwarten die Kunden eine entsprechende Wertschätzung seitens des Unternehmens. Individualisierte Marketingmaßnahmen wie kundenbezogene Produkt- und Preisangebote, maßgeschneiderte Kommunikationsangebote wie Newsletter, Einladung zu Messen und veranstaltungen (wenn wieder möglich) oder die persönliche Kontaktaufnahme bei einem Kundenbesuch werden erwartet. Auch hier hilft Kundendatenmanagement, die profitablen Kunden oder die richtigen Kontaktzeitpunkte zu ermitteln.
Mappe: Vielen Dank für Ihre Ausführungen, Frau Prof. Zanger.
Kundenbeziehung mit System Beziehungsmarketing oder Customer Relationship Marketing ist eine Facette des Customer Relationship Managements (CRM). Darunter werden drei unterschiedliche Dinge verstanden: CRM ist eine Strategie, mit der Unternehmen ihre Beziehungen mit bestehenden und potenziellen Kunden bewusst gestalten können. Sie hilft Unternehmen mit ihren Kunden in Verbindung zu bleiben, Prozesse zu optimieren und die Rentabilität zu steigern. Dabei wird CRM als Prozess gesehen, es wird ein System eingeführt, um Kundenbeziehungen zu pflegen und zu verwalten. Das Tool dazu, also das Technologieprodukt ist eine Software, mit der sich sämtliche Interaktionen mit potenziellen oder bestehenden Kunden nachverfolgen lassen.
Mit dem Fokus auf den Kundenerfolg Das Beziehungsmarketing weist im Vergleich zum herkömmlichen Beeinflussungsmarketing drei charakteristische Merkmale auf. So orientiert es sich zum Einen nicht am kurzfristigen Transaktions-, sondern am langfristigen Beziehungserfolg. Weiterhin fokussiert das Beziehungsmarketing den Kundenerfolg, anstatt den alleinigen Produkt- oder Sortimentserfolg. Und als weiterer Punkt sind interaktive statt einseitig aktionistische Marketingprozesse zu verfolgen.
Im Beitrag „immer am Ball bleiben“ erhalten Sie weitere Anregungen zum Thema.
 

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