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16. Mai 2023
Delia Constanze Roscher
#professionincolor

Die moderne Handwerkerin

Das Handwerk ist modern – und weiblich. Die Handwerkerin im 21. Jahrhundert ist hochqualifiziert, engagiert, selbstbewusst und zeigt mit Stolz ihren Beruf. Wir beleuchten die „Frauen im Handwerk“ näher und lassen sie selbst zu Wort zu kommen.
Malerin
Foto: Archiv Freilichtmuseum am Kiekeberg/Hanna Kießler
Der Fensterrahmen eines Hofes in Bielefeld bekommt 1956 einen neuen Anstrich – Malermeisterin Hanna zeigt ihre Arbeit auf Instagram.

Auf Social Media begegnet man ihnen immer häufiger: Junge Frauen, die stolz ihren handwerklichen Beruf zeigen. Sie zeigen Bauprojekte, Arbeitsschritte oder Einblicke in ihren Berufsalltag und bringen ihren Follower*innen handwerkliche Berufe näher. Das Dasein von Influencer*innen besteht längst nicht mehr aus Schminktipps, Sportübungen oder Rezepten. Die Influencer*innen des Handwerks streichen Wände, bearbeiten Fassaden und geben auch mal den Ton auf den Baustellen an.

Wir haben mit drei Frauen gesprochen, die selbst im Maler- und Lackiererhandwerk arbeiten und Einblicke von ihrem Arbeitsalltag auf Social Media zeigen. Vivien, Hanna und Maren erzählen, wie sie ihren Weg ins Handwerk gefunden haben, welche Hürden sie meistern und welche Tipps sie für angehende Handwerkerinnen haben.

Vivien | Instagram: dreipinsel

Vivien
Foto: Larissa Reichelt
Steckbrief: 30 Jahre alt, aus Dortmund | Malermeisterin | seit sechs Jahren mit ihrem eigenen Betrieb selbstständig

Vivien wusste direkt nach ihrem ersten Tag des Praktikums in einem Malerbetrieb, dass sie ihren Beruf gefunden hatte. Die Zeit ihrer Ausbildung verbindet war jedoch auch mit negativen Erlebnissen geprägt: „Es gab in meinem Ausbildungsbetrieb Menschen, die sich sehr unangebracht Verhalten haben.“ Sie rät angehenden Maler- und Lackiererinnen, sich nicht alles gefallen zu lassen. „Steht auf und erhebt eure Stimme, ihr habt ein Recht angehört zu werden!“ Nach ihrem Meister machte sie sich direkt selbstständig – auch, um zu beweisen, dass Frauen selbstverständlich ins Handwerk gehören. Sie möchte über Tabuthemen sprechen. Heute ist Vivien seit sechs Jahren selbstständig und generiert über ihren Instagram-Kanal Neukundinnen und -kunden. Social Media ist ihre digitale Visitenkarte.

Hanna | Instagram: fraeulein_handwerk

Hannas
Foto: privat
Steckbrief: 30 Jahre alt, aus Düsseldorf | Malermeisterin | ursprünglich gelernte Kauffrau im Einzelhandel mit dualer Ausbildung zur staatl. gepr. Betriebswirtin

Hanna zeigt die Leidenschaft für ihren Beruf ihren 7.000 Follower*innen auf Instagram. Mit dem Handwerk kam sie früh in Berührung: Ihr Papa ist selbstständiger Malermeister. Natürlich stand da auch immer die Frage im Raum, ob sie Nachfolgerin wird. Dennoch probierte sich Hanna erstmal aus und begann erst eine Ausbildung, dann ein Studium. Doch ihr Vater benötige eines Tages dringend Unterstützung – da fiel ihr die Entscheidung leicht. Heute arbeiten gemeinsam auf den Baustellen. Sie möchte vor allem die Vielfalt des Malerhandwerks darstellen. Ihr Papa war erst skeptisch über den Social-Media-Auftritt seiner Tochter. Mittlerweile unterstützt er sie aktiv. Kommen Fragen zu Referenzprojekten, zeigt er einfach die Bilder von Hannas Instagram-Kanal. Hannas Tipp für angehende Handwerks-Influencer*innen: „Authentisch bleiben, Spaß haben und diesen auch vermitteln.“

Maren | Instagram: koggeundcrew_malermeister

Maren
Foto: Inga Geiser/Verlagsanstalt Handwerk
Steckbrief: 34 Jahre alt, aus Amerang (Bayern) | seit 12 Jahren als Kirchenmalermeisterin tätig, seit sechs Jahren selbstständig | gelernte Maler- und Lackiererin in der Fachrichtung Kirchenmalerei und Denkmalpflege | nach dem Abitur hat sie ein freies kulturelles Jahr am Schauspiel Frankfurt als Bühnenbildassistentin gemacht | Miss Handwerk 2023 | Deko-Girl bei Guidos Deko Queen (VOX)

Was macht eigentlich eine Kirchenmalerin – Maren wurde so oft gefragt, dass sie beschloss, ihren Beruf bildlich darzustellen. Auf ihrem Instagram-Kanal zeigt sie wie sie restauriert, konserviert und rekonstruiert. Zur Kirchenmalerei kam sie über ihre Arbeit am Theater. Sie liebte es, Illusionen zu erschaffen und Besucher*innen in eine andere Welt zu entführen. 2017 gründete Maren ihren Malermeisterbetrieb. Alle Mitarbeiter*innen sind aktiv am Social-Media-Auftritt beteiligt. Da kommen schon mal lustige Videos zustande. Sie hofft, dass die Hürden für Frauen ins Handwerk zu gehen, geringer werden. Als „Miss Handwerk 2023“ will sie mit Vorurteilen aufräumen. Jungen Handwerker*innen rät sie, sich auszuprobieren, dabei helfen verschiedene Praktika. „Am Ende zählt auch, dass du etwas macht, dass dir Spaß macht.“

Selbstständig und Mutter?

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist ein Balanceakt und bringt viele Frauen in Existenzschwierigkeiten. Darum weiß auch der Bundesverband UnternehmerFrauen im Handwerk (UFH). Ich habe mit Tatjana Lanvermann, Bundesvorsitzende und Katja Lilu Melder, Pressesprecherin des UFH über ihre Erfahrungen gesprochen.

Tatjana
Foto: Martina Jahns/Norddeutsches Handwerk
Tatjana Lanvermann (l.) und Katja Lilu Melder (r.) vom Bundesverband UnternehmerFrauen im Handwerk (UFH).

Frauen im Handwerk gibt es nicht erst seit Social Media. Aufzeichnungen belegen, dass schon im Mittelalter Frauen als Handwerkerinnen arbeiteten und sogar reine Frauenzünfte gründeten. Die Geschichte der Frau im Handwerk lesen Sie in der Mappe 05/23. In unserem Shop können Sie sich ein Probeheft bestellen. Mit einem Abo bekommen Sie die Mappe monatlich nach Hause gesendet – oder lesen sie bequem als E-Paper.

Foto: manuta/Adobe Stock
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