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Im Interview: Prof. Dr. Birgit Ester, Institut für Betriebsführung des Deutschen Handwerksinstituts DHI e. V. Foto: Privat

Doch für die Optimierung der Kundenbeziehungen braucht es Engagement und Zeit von Seiten des Unternehmers und der Mitarbeiter. Ergänzend zur grundlegenden Betrachtung in der Mappe 08.2020 im Beitrag „Eine Frage des Vertrauens“ geben wir Tipps, wie Sie Ihre Chancen nutzen, die Beziehungen zu Ihren Kunden zu optimieren, indem Sie immer am Ball bleiben.
Wer Kunden oder Aufträge verloren hat, wo die Aufträge weniger werden oder wer einfach mehr Kunden haben möchte und die bestehenden besser an sich binden, für den lohnt es sich, eine Bestandsaufnahme und Analyse zu machen. Denn genauso wichtig, wie Umsatz und Gewinn zu verfolgen ist es zu messen, wie gut das Unternehmen bestehende Kunden zu halten vermag. Das drückt sich in der Kundenbindungsrate aus. Sie ist ist ein Maß dafür, wie gut ein Unternehmer in der Lage ist, Kundenfluktuation – auch Abwanderung genannt – zu verhindern. Ohne diese Information stellen sie vielleicht erst fest, dass es ein Problem gibt, wenn es zu spät ist. Voraussetzung für ein analytisches Kundenbeziehungsmarketing ist eine gepflegte Kundendatenbank. „Der Erfolg des Beziehungsmarketings läßt sich immer anhand der eingehenden Anfragen, Nachfragen, Auftragsvolumen und Umsatz messen. Bei Bestandskunden kann beobachtet werden, wie sich die Auftragsvolumen entwickeln und für die Neukundenakquise ist die Anzahl der Neukunden bzw. der Umsatz mit Neukunden eine valide Kennzahl“, erläutert Prof. Dr. Birgit Ester vom Institut für Technik der Betriebsführung (ITB) der Hochschule Karlsruhe in einem Interview mit dem Handwerksblatt. Im Mappe-Interview empfiehlt sie: „Die bewährten persönlichen Kontakte sollten beibehalten werden.“
Mappe: Frau Prof. Ester, wie sollten Handwerksbetriebe jetzt vorgehen, wenn es wieder verstärkt darum geht, Neukunden zu gewinnen und Stammkunden zu binden?
Prof. Birgit Ester: Die bisherigen, bewährten, in der Regel auf persönlichen Kontakten und Beziehungen basierenden Wege der Kundengewinnung und –pflege sollten selbstverständlich beibehalten werden. Dort, wo es aufgrund eingeschränkter Kontaktmöglichkeiten schwierig geworden ist, Kontakte persönlich zu pflegen, bieten einfach strukturierte und schnell aufzubauende Webshops, je, nach Branche und Bedarf ergänzt um Bestellfunktionen und Lieferservices, eine Lösung. Für Betriebe, die hierüber noch nicht verfügen, stellt dies auch eine Möglichkeit dar, die durch die Corona-Krise stärker für digitale Medien und Services sensibilisierte und aufgeschlossene Kundschaft zu binden und neue, vor allem jüngere Kundengruppen für sich zu gewinnen. Neben den Möglichkeiten von Webshops bietet sich bei Stammkunden natürlich auch die Möglichkeit der direkten persönlichen Ansprache über Mails oder – ganz klassisch – die Zusendung von Infomaterial in gedruckter Form an.
Mappe: Welche Betriebskennzahlen sollte ein Unternehmer im Hinblick auf das Marketing immer im Auge behalten?
Prof. Birgit Ester: Marketingerfolge schlagen sich unter anderem in einen erhöhten Bekanntheitsgrad, einem wachsenden Umsatz und der Gewinnung neuer Kunden nieder. Die direkte Messung des Bekanntheitsgrades ist für Handwerksbetriebe schwierig. Eine wachsende Anzahl von Anfragen, eine wachsende Kundenanzahl und ein wachsendes Auftragsvolumen sind allerdings gute Indikatoren für ein erfolgreiches Marketing. Dabei ist einerseits die Entwicklung bei den Bestandskunden zu betrachten – bleiben alle Kunden erhalten und wie entwickeln sich die Umsätze mit den einzelnen Kunden? Anderseits die Gewinnung von Neukunden: Wie viele neue Kunden werden gewonnen, welche Umsätze werden erzielt? Dabei sollte die Entwicklung dann jeweils auch nach Geschäftsfeldern oder Leistungen differenziert werden. Spannend wäre, wenn hier verschiedene Kundengruppen, Privatkunden, gewerbliche Kunden, differenziert betrachtet werden können. Neben der Anzahl der Kunden ist für den Unternehmer auch eine Differenzierung in A-,B- und C-Kunden wichtig: damit können die Marketingmaßnahmen und -ausgaben differenziert werden
Mappe: Ab welcher Betriebsgröße oder Kundenanzahl lohnt sich ein CRM-System für einen Kleinbetrieb?
Prof. Birgit Ester: Maßgebend ist hierfür nicht die Betriebsgröße, sondern die Komplexität und Diversität des Angebotes des Unternehmens auf der einen und die Zahl der Kunden auf der anderen Seite. Immer dann, wenn es dem Unternehmen mit den herkömmlichen Vorgehensweisen schwer fällt den Überblick über die Kunden- und Leistungsstruktur zu behalten und Kunden angemessen persönlich zu bedienen, wäre ein, dann aber auch genutztes und konsequent gepflegtes, CRM sinnvoll.
Mappe: Auf was sollte in Handwerksbetrieb mit fünf bis zehn Mitarbeitern bei der Anschaffung einer CRM-Software achten und mit Investitionen in welcher Größenordnung muss er rechnen?
Prof. Birgit Ester: Das Unternehmen sollte zuvor seine Anforderungen an eine solche Software in einem Pflichtenheft definieren und dann mehrere Angebote vergleichen. Die Software muss zu den betrieblichen Anforderungen und Prozessen passen, nicht umgekehrt. Unterstützung leisten können hierbei die Beratungsdienste der Handwerkskammern und Fachverbände, die den Mitgliedsunternehmen kostenlos zur Verfügung stehen. Etliche dieser Organisationen verfügen über spezielle, zu IT- und Digitalisierungsfragen qualifizierte Berater. Auch zu den voraussichtlichen Kosten können diese Kolleginnen und Kollegen beraten.
Mappe: Vielen Dank für Ihre Ausführungen.
Den Erfolg im Auge behalten Die Kundenbindungsrate gibt an, wie viel Prozent der Kunden über einen bestimmten Zeitraum im Unternehmen geblieben sind und kann auf Jahres-, Monats- oder Wochenbasis berechnet werden. Dabei muss dazu zunächst die Anzahl der Neukunden von der Anzahl der Bestandskunden abgezogen werden, die ein Unternehmen am Ende des Zeitraums hatte. Dann wird die sich daraus ergebende Zahl durch die Anzahl der Bestandskunden dividiert, die Sie zu Beginn des Zeitraums da waren. Um diesen Wert in einen Prozentanteil umzuwandeln, wird er mit 100 multipliziert – und schon hat man die Kundenbindungsrate. Grundsätzlich gilt, die Bindungsrate so hoch wie möglich zu halten. Der Fehlbetrag zu 100 Prozent gibt die Abwanderungsrate an. (Quelle: www.act.com)
Storytelling: Erzählen Sie ihre Geschichte Fotos machen vieles deutlich, sie erzählen auch. Ergänzend dazu sind Geschichten gefragt. Storytelling ist ein wichtiges Marketinginstrumentarium, in dem es um lebendige, echte Firmengeschichten geht, die die Menschen interessieren: Wie wurde das Unternehmen gegründet, gibt es vielleicht so etwas wie die berühmte Geschichte mit der Garagengründung oder dem Transport von Farbeimern und Leitern mit dem Leiterwagen, mit dem der Firmengründer seine Kunden besuchte? Oder ein ehrenamtliches Engagement, ein besonderes Hobby, oder eine emotionale Begebenheit oder eine Erfolgsgeschichte eines Azubis oder Mitarbeiters? Wir wünschen eine erfolgreiche Umsetzung.

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