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1. Juli 2023
Delia Constanze Roscher
#professionincolor

Die Schönheit von Kreidefarben

Es begann mit einer Liebe in England: Anna von Mangoldt entdeckte im Studium die englischen Kreidefarben und war auf Anhieb von ihnen begeistert. Sie brachte sie mit nach Deutschland, musste hier aber feststellen, dass die englischen Farben nicht in deutsche Häuser passten. So begann sie im eigenen Keller ihre Farben zu mischen und diese zu verkaufen – erst im kleinen Stil, heute professionell mit Ladengeschäften und Online-Shop.
Anna
Foto: Anne Großmann
Anna von Ketteler entdeckte ihre Liebe zu Farben bereits im Kindesalter.

Die Liebe zu englischen Farben brachte Anna von Ketteler dazu, ihre eigene Farbmanufaktur zu gründen. „Ich habe die Selbstständigkeit durch einen Impuls begonnen, aus Begeisterung“, erzählt Anna bei unserem Gespräch. Für ihr Studium der Geschichte und Kunstgeschichte an der University of Warwick zog sie nach England. Nach dem Studium ging es nach Oxford, wo sie ein Praktikum bei Annie Sloan machte und begeistert von deren Kreidefarben war. „Bei den Kreidefarben geht es um die Schönheit“, erzählt Anna. Sie wollte die englischen Farben unbedingt auch in Deutschland haben – und brachte sie im Koffer nach Hause. „Ich habe literweise Farbtöpfe nach Deutschland gebracht und sie in unserem Atelier gemischt“, erzählt Anna von Ketteler lachend.

Die ersten eigenen Farben

Als Anna von Ketteler zurück in Nieheim-Holzhausen war, experimentierte sie mit den englischen Farben, begann sie zu mischen und sie an den Wänden des Elternhauses aufzutragen. Ihre Mutter, Christina von Mangoldt, teilte ihre Begeisterung. Anna wollte die englischen Farben in Deutschland vertreiben und meldete „aus reiner Formalität“ ein Kleingewerbe dafür an. „Ich merkte jedoch schnell, dass diese wunderschönen Farben oft nicht zur deutschen Architektur oder zum Geschmack hier gepasst haben“, erzählt sie. So begann sie, neue Töne zu kreieren, ihre eigenen Farben.

2010 brachte Anna ihre eigene Farb-Kollektion heraus. Dabei erhielt sie Unterstützung von einem belgischen Lieferanten, der sie mit Farbbasen und Pigmenten versorgte. Deutsche Hersteller waren damals kritisch. „Ich war damals 24 und war ja nicht vom Fach. In Belgien ist ein Kleingewerbe mit einem guten Konzept total normal.“ Anna begann mit Farbberatung und assistierte einige Monate dem erfahrenen Malermeister Dietmar Heinrichs. „Ich entwickelte das Farbkonzept für einen großen Festsaal auf einem westfälischen Anwesen. Von Herrn Heinrichs habe ich nicht nur viel Handwerkliches gelernt, sondern auch, worauf es anspruchsvollen Malern und Malerinnen bei hochwertiger Farbe ankommt,“ so Anna.

Farbfächer
Foto: Anne Großmann
2010 brachte Anna ihre erste eigene Farb-Kollektion heraus.

Der Durchbruch

Zudem besuchte Anna von Ketteler viele Landmessen. Auf dem Weihnachtsmarkt auf Gut Böckel in 2010 war auch die damalige Chefredakteurin der Landlust. „Das wusste ich aber gar nicht“, erzählt Anna. Sie sah ihren Stand und ein halbes Jahr später wurde ein Fotoshooting mit Annas Farben gemacht. „Im Sommer 2012 erschien ein wirklich großartiger sechs Seiten langer Artikel in einer Landlust-Ausgabe.“ Das war sozusagen der Durchbruch. Danach ging alles ganz schnell: Die großen Aufträge trudelten ein und Anna stellte ihre erste Mitarbeiterin ein. Anschließend baute sie ihren ersten Online-Shop auf. „Damals arbeitete ich völlig ohne Druck. Ich war Mitte 20, wohnte zuhause und wollte nur an meinen Farben arbeiten.“

Mittlerweile ist aus einer ein Team aus acht Mitarbeiterinnen geworden. „Wir sind inzwischen nur Frauen. Wir hatten immer mal wieder einen Mann, aber bewährt haben sich die Frauen“, erzählt Anna lachend und mit einem Augenzwinkern. Den Balanceakt zwischen Beruf und Familie bekommt Anna auch dank ihrem Team gut hin. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und das dritte Kind ist auf dem Weg. Dass sie sich so früh selbstständig gemacht hat, sieht Anna als Vorteil an. So konnte sie sich ohne Druck ausprobieren und unterwegs sein. „Ich empfinde es als große Freiheit, dass mir niemand im Rücken sitzt und mir sagt: Du musst jetzt neue Töne herausbringen oder auf die Veranstaltung gehen. Ich kann meine Karriere meinen Lebensumständen anpassen.“

Anna
Foto: Anne Großmann
Anna mit ihrer Mutter Christina in ihrer Farbenmanufaktur in Warburg.

Inspirierende Zusammenarbeit

Dennoch steht für Anna von Ketteler immer ihr Produkt – ihre Farben – im Fokus. Über die Jahre hat sie ihren Online-Shop optimiert und ist auch bei Social Media aktiv. Das hat schon zu dem ein oder anderen „Glücksmoment“ geführt: Elena und Philipp zeigen auf ihrem Instagram-Kanal villa_philena die Sanierung ihrer Berliner Kaufmannsvilla von 1923. „Eines Tages bestellte Elena Farben bei uns und postete das auf ihrem Kanal. So entstand eine Zusammenarbeit und der Farbton Villa Philena 605. Das war für uns ein großer Push.“ Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie war Social Media hilfreich. Weil Anna um den großen Aufwand von einem professionellen Social-Media-Auftritt weiß, hat sie eine Mitarbeiterin eingestellt, die sich Vollzeit darum kümmert.

„Ich würde gerne so weiter verfahren wie bisher, jedes Jahr ein bisschen wachsen“, antwortet Anna auf die Frage, welche Zukunftspläne sie hat. „Aktuell arbeite ich an neuen Tönen, die ich gemeinsam mit Menschen entwickele, die mich und andere inspirieren.“ Dazu zählt Villa Philena 605, oder Falkenstein 325, den sie mit dem Interior Designer Mathias Wehner gemischt hat. Earl’s Kitchen 812 entstand in Abstimmung mit historischen Wandkacheln einer Schlossküche. „Diese und neun weitere Töne bringe ich nach und nach bis Ende 2023 heraus. Ich finde es reizvoll, jeden Ton gebührend und mit eigenem Auftritt in meine Kollektion mit aufzunehmen.“

Den Beitrag lesen Sie in der Mappe Ausgabe 07/23. In unserem Shop können Sie sich ein Probeheft bestellen. Mit einem Abo bekommen Sie die Mappe monatlich nach Hause gesendet – oder lesen sie bequem als E-Paper.

Foto: manuta/Adobe Stock
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