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27. Mai 2024
Redaktion
#professionincolor

Frauenpower im Doppelpack

Sie ist eine Powerfrau mit Leidenschaft für das, was sie tut: Susanne Haus leitet einen Malerbetrieb mit 13 Angestellten und ist seit gut drei Jahren Präsidentin der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main. Das funktioniert nur, weil sie mit Marie Krüger eine weitere tatkräftige Frau an ihrer Seite hat, die sich um Geschäft und ein gut funktionierendes Team kümmert.
Susanne
Foto: Dennis Möbus, Haus & Haus GbR
Susanne Haus, Geschäftsführerin des Malerbetriebs Haus Malermeister & Restauratoren.

Im letzten Jahr feierte der Betrieb Haus Malermeister & Restauratoren aus dem hessischen Bischofsheim sein 90-jähriges Bestehen. Firmengründer Josef Haus ist der Großvater der heutigen Chefin Susanne Haus. Es gibt Fotos, die die kleine Susanne auf dem Schoss ihres Großvaters zeigen, während er malt. „Es war lange nicht klar, dass ich in den Familienbetrieb einsteige. Nach dem Abitur informierte ich mich zunächst über Studiengänge, wie Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte, um dann festzustellen, dass mir diese Fächer doch zu theoretisch sind. Ich entschied mich, als Lehrling in den Betrieb meiner Eltern einzusteigen“, erklärt Susanne Haus. Seit 2005 ist sie Geschäftsführerin des Malerbetriebs und ihre Eltern zogen sich langsam zurück.

Tochter des Chefs

Susanne Haus musste in ihrer Jugend nie in der Firma mit anpacken, sodass sie die Lehre mit genauso wenig Vorwissen wie andere Azubis startete. „Trotzdem brachte ich ein Gespür und ein Händchen für dieses Handwerk mit.“ Während der Lehre war sie neben ihrer Mutter, die sich um die Buchhaltung kümmerte, und einer weiteren Gesellin die dritte Frau im Betrieb. Für die Kollegen war es somit nichts Besonderes, dass eine Frau mitarbeitete. Obwohl, so fügt sie einschränkend hinzu, so ganz könne sie es nicht beurteilen, denn die Kollegen gehen mit der Tochter des Chefs doch anders um.

Wille zur Mitarbeit

„Ich denke, wenn jemand den Willen hat, mitzuarbeiten, das auch tut und sich ins Team einfügt, ist es eigentlich egal, ob Frau oder Mann. Ich habe versucht, keinen Sonderstatus einzunehmen, sondern immer zu arbeiten – das zählt. Gegenüber meinen Kollegen musste ich mich nicht behaupten.“ Später jedoch, als Meisterin auf der Baustelle bei Besprechungen mit Architekten wurde Susanne Haus grundsätzlich zuerst einmal nicht registriert und wahrgenommen. Hier musste die Malermeisterin, die sich zusätzlich auch zur Restauratorin im Handwerk und zur Betriebswirtin im Handwerk weiterbildete und auch als Sachverständige tätig ist, erst einmal beweisen, dass sie durchaus weiß, wovon sie spricht.

Baustelle oder Fernsehen

Marie
Foto: Dennis Möbus, Haus & Haus GbR
Malermeisterin und Restauratorin Marie Krüger übernimmt immer mehr Führungsaufgaben im Betrieb.

Ähnliches berichtet auch Marie Krüger, ebenfalls Malermeisterin, rechte Hand der Chefin und schon fast seit zehn Jahren in der Firma tätig: „Auf der Baustelle gestaltete es sich zu Beginn mit einigen Architekten und Kunden schwierig, hier war ich meist die Auszubildende, egal, was mein Anliegen war. Aber in der letzten Zeit hat sich das ausgependelt. Auch neue Kunden und Architekten, die anrufen, haben nur Frauen am Telefon und entsprechend nicht so viel Auswahl“, fügt sie augenzwinkernd hinzu. Dieses Verhalten war für Marie Krüger zunächst ungewohnt, denn sie absolvierte ihre Ausbildung zur Malerin und Lackiererin beim Westdeutschen Rundfunk und war dort damit betraut, Fußböden zu streichen und Bühnenbilder zu gestalten. „In diesem Bereich ist es normal, dass viele Mädels unterwegs sind, die auch Abitur haben. Dies setzte sich in den Berufsschulklassen fort. Danach war ich in einem Betrieb tätig, der sich ausschließlich auf Denkmalpflege spezialisiert hatte – auch dort hatten wir viele Praktikantinnen, die Restaurierung studierten – Frauen in diesem Bereich waren damals für mich normal. Wir wurden nicht schief angeguckt und durften alles mitmachen“, berichtet Meisterin Marie Krüger, die ebenfalls die Fortbildung zur Restauratorin im Handwerk absolvierte.

Leistung wird anerkannt

Marie Krüger kam auf Empfehlung zu Susanne Haus und die Kollegen hatten kein Problem damit, dass eine weitere Frau an ihrer Seite arbeitet. Heute übernimmt die Malermeisterin immer mehr Aufgaben ihrer Chefin, um ihr den Rücken für die Arbeit als Handwerkspräsidentin freizuhalten, und sie vermutet, ihre Kollegen haben diese Entwicklung schon vor ihr vorausgesehen. Susanne Haus fügt hinzu: „Zu Beginn haben die Kunden erwartet, dass ich zum Termin komme, aber mittlerweile haben sich die Kunden an Marie gewöhnt und akzeptieren sie auch. Es ist auch deshalb akzeptiert, weil sie einfach gut ist. Ist jemand bei der Sache, kümmert sich darum und bringt die Kompetenz mit, dann ist es, wie bereits erwähnt, nicht wichtig, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt.“

Von Frau zu Frau

Den meisten Kunden vom Betrieb Haus ist es bekannt, dass die Firma in den Führungspositionen weiblich besetzt ist. Einige von ihnen betonen öfter, dass sie Susanne Haus und ihr Team gerade deshalb kontaktieren. „Denn Frauen sind anders: In einer Familie haben Frauen bei Renovierungen oft das letzte Wort, während sich die Männer häufig um technische Dinge kümmern. Mein Eindruck ist, Frauen wünschen sich, auch von Frauen beraten zu werden, sodass ihre Argumente und Gedanken ernst genommen werden. Das können wir manchmal besser als die Männer“, so Susanne Haus.

Das Team macht‘s

Doch gibt es auch Arbeiten, die Frauen nicht so gut ausführen können? Wenn es zum Beispiel darum geht, schwere körperliche Arbeit zu verrichten, stoßen Frauen laut Susanne Haus in der Tat an ihre Grenzen. „Aber hier lehnen wir uns nicht zurück. Wenn die Männer merken, gewisse Arbeiten sind zu schwer, teilen wir uns die Last. Ich bin ein Fan von gemischten Teams, um sich gegenseitig unterstützen zu können. Im Gegenzug sind die Männer vielleicht froh, wenn wir mit dem Kunden reden und filigrane Arbeiten übernehmen. Das Team, in dem jeder gibt und nimmt, muss stimmen“, fasst die Chefin zusammen.

Frauen wünschen sich, von Frauen beraten zu werden, sodass ihre Argumente und Gednaken ernst genommen werden.

Susanne Haus

Frauen im Handwerk

In der Vergangenheit haben Frauen im Handwerk laut Susanne Haus schon immer eine wichtige und zentrale Rolle gespielt, auch wenn sie nur selten auf Baustellen zu finden waren. Stattdessen waren und sind sie zum Beispiel als mitarbeitende Ehefrau als Dreh- und Angelpunkt der Firma meist im Büro tätig. „So war es auch bei meinen Eltern: Mein Vater war Gestalter, meine Mutter hat die Buchhaltung gemacht und alles am Laufen gehalten. Heutzutage möchten mehr Frauen praktisch arbeiten und erkennen das Handwerk als Option für sich, auch weil diese Möglichkeit bekannter wird. Mein Eindruck ist, auch viele Mädchen interessieren sich vermehrt dafür. Außerdem fällt mir auf, dass Frauen, die sich für das Handwerk entscheiden, das ganz bewusst tun und entsprechend gute Arbeit leisten. Frauen waren schon immer in dem, was sie tun, gut, aber in der letzten Zeit wird es in der Öffentlichkeit und speziell im Handwerk mehr wahrgenommen“, schildert Susanne Haus.

„Arbeit ist Arbeit“

Gerade auch im Malerhandwerk bieten Fachrichtungen wie Kirchenmalerei, Restaurierung, Gestaltung und Instandhaltung tolle und interessante Tätigkeitsbereiche für Frauen. „Jedoch“, gibt Susanne Haus den Tipp, „sollten sich die jungen Nachwuchsmalerinnen darüber im Klaren sein, dass Arbeit Arbeit ist, dass auch mal Durchhalten und Zähne zusammenbeißen angesagt ist. Ich empfehle immer, in ein Handwerk im Rahmen eines Praktikums hineinzuschnuppern. Am besten kommt es bei den Firmen an, in Eigeninitiative auf den Betrieb zuzugehen und sich nach einem Praktikumsplatz zu erkundigen.“

Ohne Handwerk keine Zukunft

Bei Susanne Haus gibt es zurzeit drei Mitarbeiter, die schon seit über 40 Jahren im Betrieb sind und die demnächst in den Ruhestand gehen werden. „Wir befinden uns in einer Umbruchszeit und in Zeiten von Fachkräftemangel ist es schwer, diese Lücke zu schließen. Dies ist eine große Aufgabe für dieses Jahr. Vielleicht verkleinern wir uns auch, das wird sich zeigen“, erklärt Haus. „Fakt ist jedoch: Ohne Handwerk ist keine Zukunft möglich. Insbesondere Klimahandwerker, die für Wärmedämmung, Heizung oder Solar verantwortlich sind, sind unverzichtbar. Die klimaneutrale Gesellschaft lässt sich nur mit dem Handwerk realisieren. Ohne Handwerk gibt es keine Gesellschaft, die funktioniert. Das Handwerk wird zwar in letzter Zeit mehr wahrgenommen, aber die Wertschätzung dürfte noch ein bisschen steigen.“

Leidenschaft, die trägt

Das Ehrenamt in der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main als Präsidentin nimmt etwa die Hälfte von Susanne Haus Arbeitszeit ein, hinzu kommen Abend- und Wochenendveranstaltungen. Da bleibt das Privatleben manchmal ein bisschen auf der Strecke. „Aber die Arbeit macht mir viel Spaß, auch weil ich das Handwerk hier in Hessen mitgestalten kann. Wir wollen das Handwerk voranbringen und haben ständig neue Ideen. So habe ich zum Beispiel ein Frauennetzwerk gegründet, in dem die Frauen voneinander profitieren können. Zudem arbeiten wir gut mit den Handwerkskammern Wiesbaden und Kassel zusammen. Ohne mein Team und insbesondere ohne Marie Krüger könnte ich das Ehrenamt nicht ausführen. – Rückblickend würde ich würde immer wieder den Weg wählen, den ich gegangen bin. Ich bin zufrieden mit dem, was wir hier machen. Wir arbeiten viel in der Denkmalpflege – die Leidenschaft von Marie Krüger und mir. So ist mir auch ein bisschen die Kunstgeschichte geblieben. Und diese Leidenschaft fürs Handwerk ist es, die mich durch meinen arbeitsreichen Alltag trägt.“

Alexandra Nyseth

Dieser Beitrag erschien in der Mappe 04/2024. Mit einem Abo bekommen Sie die Mappe monatlich nach Hause gesendet – oder lesen sie bequem als E-Paper.

Foto: manuta/Adobe Stock
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